Der wahre Kampf gegen Terrorismus

China Während die Welt auf die Ukraine schaut, verlagert sich das geopolitische Schachspiel im Mittleren Osten. Dabei eröffnen sich ungeahnte Chancen für die EU.

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Während die Welt gebannt auf die Ukraine schaut, rücken Pakistan und China wirtschaftlich mit dem Grundstein für ein spektakuläres Projekt sehr eng zusammen. China will in die pakistanische Infrastruktur rund 12 Milliarden USD im Laufe der nächsten Jahre investieren, damit soll die Grundlage für einen Wirtschaftskorridor zwischen den beiden Ländern geschaffen werden. Es sollen neue Autobahnen, Eisenbahnen und Glasfaserverbindungen entstehen, zudem ist die Rede von neuen Erdgas- beziehungsweise Erdöl-Pipelines, die China als größten Erdöl-Importeur weltweit einen wirtschaftlichen Boom verschaffen könnte.

50% seines Erdöles bekommt China aus dem Mittleren Osten, unteren anderem von Saudi-Arabien und dem Iran. Während die Amerikaner ihre Interessen im Nahen Osten mittlerweile verlieren und sich ihr Rückzug ankündigt, ist China einer der Kandidaten, die das Machtvakuum füllen könnten. Die Chinesen haben aus wirtschaftlicher Sicht ein großes Interesse an einem stabilen Mittleren Osten, schließlich hängt ihre Wirtschaft an den Brennstoff Exporten aus dem Raum und mögliche Kriege würden somit automatisch auch die eigene Wirtschaft hart treffen. Mit den Russen haben sie zudem einen starken Verbündeten, der auf gute Beziehungen zu einigen Ländern dort zurückgreifen kann. Stellt sich die Frage, wie die USA darauf reagieren wird. Die Amerikaner haben bereits angekündigt, ihr Truppenkontingent im Nahen Osten zu reduzieren. Aus dem Irak haben sie sich bereits zurückgezogen, Afghanistan wird demnächst folgen. Um man von einem Misserfolg bei ihren Auslandseinsätzen reden kann, hängt ganz von der Betrachtungsweise ab.

Das angekündigte Ziel ihres Einmarsches in Irak und Afghanistan war von Anfang an bereits erfüllt, weder hatte der Irak Massenvernichtungswaffen, noch war Bin Laden in Afghanistan. Insofern muss man vielleicht die Frage des Invasionsgrundes anders stellen, um herauszufinden, ob die USA erfolgreich waren. Wirtschaftlich gesehen: ja. Politisch gesehen: ja, man hat den unliebsamen Hussein abschaffen können; ja, man konnte genug Militärbasen im Irak aufstellen; nein, die Terrorgruppen haben seitdem erst Hochkonjuktur; nein, der Einfluss vom Iran in den Irak ist durch die Invasion massiv gewachsen; nein, der Iran wurde nicht destabilisiert. Die Amerikaner haben auch im Bezug auf Erdgas und Erdöl nicht mehr die früheren Interessen, dank einer neuen Technologie.

Durch das Frecking sind sie für die nächsten Jahre erstmal unabhängig in Sachen fossile Brennstoffe, ihr Machtvakuum könnten aber auch die Europäer füllen, Deutschland hat ja bereits die ersten Schritte in diese Richtung übernommen mit ihrer engeren Zusammenarbeit mit Israel. Insofern wird die Region einen Machtwechsel erleben, es stellt sich nur die Frage in welche Richtung. Die EU ist vielleicht momentan so sehr an einer alternativen Versorgungsmöglichkeit im Bezug auf Erdgas so interessiert wie noch nie, die Abhängigkeit zu Russland ist auf Dauer politisch nicht tragbar. Also braucht es einen neuen Partner, der ebenfalls Erdgas oder Erdöl exportieren kann, jedoch politisch auf der selben Seite steht. Und wie es das Schicksal will, wurden im Levanthinischen Becken im Mittelmeer riesige Gasfelder entdeckt, die den Anrainerstaaten viel Reichtum bescheren könnten. Neben Palästina, Syrien und dem Libanon, zählen auch Israel und Zypern zu den begünstigten Ländern. Vor allem könnten die Israelis mit dem nötigen technischen Know-How, Kapital und der benötigten politischen Sicherheit zu einem Erdgas-Exporteur aufsteigen.

Doch bis dahin dauert es noch, solche Felder werden nicht von heute auf morgen erschlossen, die Rede ist von einigen Jahren, weil es außerdem eine riesige Pipeline benötigt, die nach Europa reicht. Unterstützung hat Israel bereits von Noble Energy, einem riesigen US-Konzern, der sehr erfahren ist in dem Gebiet und politisch mit Bill Clinton als Vertreter außerordentlich gut repräsentiert wird .

Je nach dem ob sich Assad in Syrien halten kann, wird der strategische Fahrplan konzipiert werden und dabei werden die Chinesen durchaus mitreden. Teil der chinesischen Investitionen in die Infrastruktur ist auch die Entwicklung einer Ölstadt in Gwadar. In Zusammenarbeit mit den Iranern soll dort in den nächsten Jahren eine Ölraffinerie gebaut werden, die rund 60.000 oder sogar 400.000 Barrel am Tag fördern soll, bei der genauen Zahl widersprechen sich die Medienberichte. Das geförderte Erdöl soll dann direkt über eine Pipeline nach China geschickt werden, während im Moment das Erdöl größtenteils über Dubai nach Shanghai gebracht wird und ca. 10.000 km Transportweg hat, soll dieser durch die neue Pipeline auf 3600 km verringert werden. Das Ganze läuft zum Leidwesen der Amerikaner ab, schließlich bedeutet jede weitere wirtschaftliche Annäherung der Chinesen einen Werteverlust des US Dollar, da diese ihre Brennstoffe in ihrer eigenen Währung bezahlen. Der schwache USD konnte sich bis jetzt relativ gut durch die Vereinbarung mit den Saudis und Katar halten, aber durch die Konkurrenz aus China und Russland könnte sich das ändern, weil die beiden gewiss nicht in der amerikanischen Währung ihre Import-Export Geschäfte abregeln werden. Man darf dabei auch nicht vergessen, dass die USA bis jetzt sehr resolut war, was ihre Devisengeschäfte anging, Saddam Hussein oder Gaddafi haben sich beispielsweise geweigert ihre Ölgeschäfte Dollar abzufertigen, die Folge davon haben wir alle beobachten können.


Es wird den Amerikanern deshalb überhaupt nicht gefallen, wie sich die Chinesen im Mittleren Osten engagieren. Ihre Wirtschaft benötigt einen stark gehandelten US Dollar, aber das werden die Chinesen zusammen Pakistan und Iran verhindern. Zudem gibt es Überlegungen, und das ist das absolute Horrorszenario für die Amerikaner, dass sich iranische Ölfelder direkt mit China durch eine Pipeline verbinden. Durch die riesigen Erdgas und Erdöl Funde im Mittelmeer verschieben sich sowieso die Kräfteverhältnisse, weil dadurch Länder wie Israel, Palästina, Syrien und auch Zypern ebenfalls zu Exportländern aufsteigen können, wobei im Falle von Syrien und Palästina die Förderung komplett von Gazprom übernommen wird und bei den Israelis von amerikanischen Ölfirmen, unter anderem Standard Oil.

Doch abgesehen von der geopolitischen Brisanz, die dieser Deal zwischen China und Pakistan mit sich bringt, ist es auf alle Fälle der erste Versuch eines Landes, nachhaltig den Terrorismus zu bekämpfen. Es ist eine Lüge, wenn behauptet wird, dass der Terrorismus und Extremismus zum Mittleren Osten dazugehören, in den Zeiten nach dem 2.Weltkrieg waren Städte wie Kabul, Beirut oder Bagdad beliebte Ziele für westliche Touristen, die als das Amsterdam oder Paris des Orients galten. Erst die Kriege und die darauf folgende Armut trieben die Menschen in den religiösen Fanatismus, ähnlich wie das Elend damals die Deutschen in die Hände von der NSDAP brachte. Und deswegen bekämpft man Terror nicht mit Drohnen und Bomben, sondern mit Bekämpfung der Armut. Und genau das macht China. Vielleicht nehmen sich die Amerikaner, die jetzt in einer äußerst schwierigen Situation sind, das zum Vorbild, legen die Drohnen weg und fangen tatsächlich an, einen ehrlichen "War on terror" zu beginnen. Viele Alternativen bleiben ihnen nicht mehr.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Abrahan Garcia

Angehender Orientalist

Abrahan Garcia

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