Tanzen an Ostern nicht erlaubt

Tanzverbot Wer an Ostern tanzen will, hat Pech. Die deutschen Feiertagsgesetze verbieten uns das. Christen denken an ihren Religionsbegründer, junge Menschen wollen Spaß

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Tanzen an Ostern nicht erlaubt

Foto: Patrick Baz/ AFP/ Getty Images

Einmal in der Woche flattert es ins Haus: das Amtsblatt. Die Postille ist dazu da, die Aktivitäten des Bürgermeisters in Wort und Bild nachvollziehen zu können, aber auch den verehrten Mitbürgerinnen und Mitbürgern den Zeigefinger entgegenzustrecken. Wenn die Obrigkeit meint, wir kehrten den Gehweg nicht ausreichend oder die Vorgartenpflanzen ragten zu weit in den öffentlichen Raum, werden wir ermahnt und auf bestehende Satzungen und Erlasse verwiesen.

Diese Woche ist es wieder so weit: Wir werden aufgefordert, anlässlich des anstehenden Osterfestes das Tanz- und Veranstaltungsverbot zu beachten. Wer dagegen verstößt, wird uns angedroht, hat mit einer Geldbuße von bis zu 1.000 Euro zu rechnen. Verboten werden uns öffentliche Versammlungen, Auf- und Umzüge, soweit sie nicht der Religionsausübung dienen oder dem Charakter des Feiertags entsprechen. Unter das Verdikt fallen auch "sportliche und turnerische" Veranstaltungen. Vormerken müssen wir uns die Zeit von Gründonnerstag bis Ostersonntag.

Wer von diesen Verboten hört, ist überrascht, dass sie überhaupt existieren. So erging es 2011 einigen Frankfurter Clubbesitzern, die bis dato davon keine Ahnung hatten, weil die Stadtverwaltung bisher kein Aufheben darum machte. Überregional bekannte Clubs, wie der Sinkkasten oder das Odeon, fanden entsprechende Schreiben des Ordnungsamtes im Briefkasten. Dabei waren Events schon fest eingeplant. DJs waren gebucht, die mehr als 10.000 Euro für einen Auftritt nehmen. Angedroht wurden eine vierstellige Geldbuße und ein Konzessionsentzug bei dreimaliger Missachtung der Vorschriften. Einige Clubs haben ihre Veranstaltungen durchgezogen und wurden prompt bestraft. Für dieses Jahr haben sie sich arrangiert.

http://www.piratenhannover.de/wp-content/uploads/2012/04/Flyer-Tanzverbot_neutral-212x300.jpgGescheitert ist letztes Jahr auch die hessische Piratenpartei, die das Bundesverfassungsgericht angerufen hat. Erfolglos ist sie allein schon deshalb geblieben, weil sie den formalen Klageweg nicht eingehalten hat. Sie hätte zuvor den Verwaltungsgerichtshof anrufen müssen. Ohne Erfolg blieben auch die Bemühungen, Demonstrationen gegen das Tanzverbot durchzuführen. Das Verwaltungsgericht gab 2012 der Stadt Wiesbaden Recht, die eine Demo nicht genehmigte. Der Schutz des Feiertagsgesetzes sei höher zu bewerten als das Recht auf Versammlungsfreiheit.

Trotz all dieser Misserfolge, wollen die Tanz- und Veranstaltungsaktivisten nicht klein beigeben. Sie argumentieren mit der individuellen Freiheit und behaupten, das Feiertagsgesetz sei unzeitgemäß. Die Gesellschaft habe sich gewandelt. Der Einfluss der christlichen Kirchen auf das Alltagsleben sei zurückgegangen. Außerdem lebten in Deutschland mittlerweile rund 30 Millionen Menschen, die nicht einer der beiden Kirchen angehörten.

Die christlichen Befürworter berufen sich auf ihre Tradition. Ostern sei für viele die höchste Feiertagszeit des Jahres. So viel Toleranz könnten sie erwarten, den Tag in Stille begehen zu können. Sie haben den Vorteil, dass ihre Haltung gesetzlich verankert und der Staat in jüngster Zeit zunehmend bereit ist, das Tanz- und Veranstaltungsverbot durchzusetzen.

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Geschrieben von

Achtermann

Ich lass' mich belehren. Jedoch: Oft wehre ich mich dagegen.

Achtermann

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