Pädophilie und Moralphilosophie

Recht und Zahlen Wie gewinnt man moralische Regeln ? Praktisches Beispiel anhand aktuellen Geschehens: wollen Sie Pädophile als Lehrer ?

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Es gibt in der Moralphilosophie zwei grundsätzliche Vorstellungen über die Konstruktion der moralischen Regeln. Der eine, ich glaube es heißt analytischer Ansatz, besagt, man könnte diese Vorschriften vollständig und exakt in einem logischen System fassen. Der andere meint, jeder Fall müßte intuitiv entschieden werden.

Man beachte, daß es nicht um die Begründung der Moral geht, sondern um die Form der Regeln und Regelgewinnung. Natürlich bewirken diese verschiedenen Ansätze auch verschiedene Wahnehmung und Bewertung der jeweiligen Beispiele. Allgemein, und in den Blogs hier werden die Meinungen und Gesetze mit logischen Analysen untermauert. Kant und diverse Philosophen mühten sich mit diesen Fragen.

Der analytische Ansatz führt leicht zu Entscheidungsschwierigkeiten, da er die vollständige logische Aufarbeitung aller praktischen und theoretisch denkbaren Fälle zur endgültigen Gewinnung der Regeln erfordert. Es gibt viele Filme (Dirty Harry), in denen unvorschriftsmäßige Handlungen, die gegen scheinbar zu komplizierte und uneinsichtige Regeln verstoßen, besser zu gerechten Ergebnissen führen (sollen). Was eher zu bezweifeln ist. Der intuitive Ansatz birgt die Gefahr von verschiedenen Bewertungen gleicher Fälle durch verschiedene Menschen in gleichen und verschiedenen Zeiten und Kulturen. Ein wesentlicher Aspekt von Gerechtigkeit ist die Gleichbehandlung der Fälle.

In den Blogs zum Fall Edathy wird von Hysterie und voreiligen Schlüssen abgeraten, in dem Blog der Redaktion wird die grundsätzliche Zulassung von Pädophilen zu allen Ämtern und Tätigkeiten gefordert. (1)

Etwa 1% der Männer ist pädophil. Ihr Anteil an den Mißbrauchsfällen wird zwischen 2% bis 10% geschätzt. (2) Daraus folgt unmittelbar, daß die Wahrscheinlichkeit für einen Mißbrauch bei einen Pädophilen zwei bis zehnmal so hoch ist wie sonst.(3)

Soll man Pädophile zu allen Berufen gleichberechtigt zulassen ? Vor allem die sozialen Tätigkeiten sind möglicherweise problematisch. Schulen, Kindergärten, Waisenhäuser, Jugendgefängnisse, Pfadfinder.

Sehr hilfreich bei solchen Überlegungen ist die Konstruktion extemer Fälle. Angenommen, eine Schule stellt nur pädophile Lehrer ein, weil die sonst keine Arbeit finden. Würden Sie Ihr Kind in eine solche Schule schicken ?

Jemand sagt nein, aber man sollte solche Lehrer gleichmäßig an den Schulen zulassen. Das bedeutet aber, daß der Grad der Gefährdung ausschlaggebend ist. Wenn aber jemand diesen Grad gerne noch niedriger hätte ?

Angesichts solcher Vorstellungen bekommt man intuitive moralische Anwandlungen, die man dann logisch-analytisch bearbeiten kann. Verschiedene Vorstellungen ändern die Anwandlungen, Nachdenken darüber oft auch.

Ich gebe hier keine Meinungen oder Lösung vor, möchte nur zum Nachdenken und Diskutieren anregen.

(1) https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/wir-muessen-paedophile-akzeptieren

(2) http://de.wikipedia.org/wiki/Sexueller_Missbrauch_von_Kindern

(3)https://www.freitag.de/autoren/alalue/wahrscheinlichkeitstheorie-statistik

Dieser letzte Link wurde erst ab dem 7.ten Kommentar hinzugefügt. Ich bitte um Verständnis.

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Geschrieben von

alalue

In einer Demokratie darf jeder so blöd sein wie er kann

alalue

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