Chillin' Beaches

Spreeufer Die warme Nacht hat sich über die Ufer der großen Stadt gesenkt

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

Ich bleibe noch, Du auch? sieht er mich fragend an, als die Gruppe sich langsam zerstreut. Ich folge dem Jungen durch das Tor, an der Bar nehmen wir ein Bier mit, über den feinsandigen Strand hinunter an die Uferlinie, auf einen Steg. Lichter, Stimmen und Musik schweben über das Wasser einer lindblauen Berliner Sommernacht 200?: Fett vibriert eine dumpfe Bass-Linie über die späten Gäste auf dem Beach des YAAM hinter uns.

Man kennt ihn in Friedrichshain und Kreuzberg, heute Nacht trägt er eine Augenklappe und die Fantasieuniform wie der böse Pirat bei Peter Pan, der nie erwachsen werden darf.....aber er ist doch selbst Peter Pan, muss ich denken, also nenne ich ihn bei mir den Jungen, auch wenn er längst ein junger Mann ist, der seine Enterhaken hungrig in diese Stadt getrieben hat.

Sie wollen uns vertreiben.... setzen die Mieten rauf in meiner Straße, jede Wohnung wird teurer .. ich habe auch das Recht hier zu leben, und ich will selbst bestimmen, wie ich mein Leben führe!

Wir haben den Bürgerentscheid gegen Mediaspree organisiert, und wir haben siebenundachtzig Prozent dagegen, haben dreißigtausend Stimmen bekommen, gegen die Vermarktung der Ufer, gegen öde Büros, gegen Hochhäuser von Spekulanten, gegen die Privatisierung.... die Ufer sollen frei zugänglich bleiben, mehr als zehn Metern breit, die Grundstücke sollen für soziale und ökologische Projekte freigehalten werden. Und deswegen mache ich mit bei Mediaspreeversenken und beim Bündnis Megaspree!

Wir sind die Kinder Berlins....!

An den Grenzzaun muss ich denken, der die Wasser teilte, das Boot der Grenzsoldaten träge lauernd an der Lücke....

Ein Entenpaar raschelt im Gebüsch..... ob sie wohl brüten?

An den Strand von Manhattan muss ich denken; wer es sich leisten kann, fährt im Sommer raus nach Long Island, vielleicht zu den legendären Partystränden von Fire Island oder weiter.... wie kostbar, dass wir hier am Ufersaum sitzen, scheinbar fern der Metropole, und dabei noch das nächtliche Leben am Strand gegenüber betrachten können, weit drüben zittern Fackeln vor dem Spindler & Klatt....

Das Herz unserer Stadt liegt offen und flüssig unter dem Nachthimmel.

An die Lastkähne und Flösse muss ich denken, die Ziegelsteine und Holzstämme in die Urstromniederung trugen, daraus Kreuzberg und Friedrichshain, auch die Dorotheenstadt, die Friedrichstadt, Charlottenburg, Wedding, Neukölln und alle anderen Teile gewachsen sind..... als sei das schwarze Wasser der Schoß des Häusermeers...

Der Junge steht mit dem Blick des Eroberers, und seine Forderung ist nur ein Stück Zukunft.

An die weite Zeit muss ich denken, halt sie nur fest, bevor sie verweht wie ein lindblauer Sommernachtstraum an den arkadischen Ufern der alten Spree...



Fette Demo am 10.Juli.2010: Bündnis Megaspree


Hier endet der 96. Eintrag: Dieser Blog mischt Fiktion und Realität. Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen sind zufällig und in der historischen Überlieferung nicht verbürgt. Ich bin nur der Navigator, mein Name sei NEMO:

Ich schreibe um unser Leben. Bitte bleib dran.


Next

Back

Klick zum Gästebuch

Dieser Blog mischt Fiktion und Realität. Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen sind zufällig und in der historischen Überlieferung nicht verbürgt. Ich bin nur der Navigator, mein Name sei NEMO:

Ich schreibe um unser Leben. Bitte bleib dran.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

archinaut

Ein Blick weitet den Horizont: Dieser Blog zieht um die deutschen Häuser

archinaut

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden