Der Kreis schließt sich

Ostharz: Das Kartenhaus wird neu gemischt - ein Roman in Fragmenten

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Maik Peters ruft aus Magdeburg an, er hat dort eine Baustelle übernommen: Die Zeichnungen für Thale sind bald fertig.... sitze jeden Tag dran, ist auch noch eine junge Kollegin dabei, die ich aus dem Studium kenne, sie ist wirklich schnell am Rechner!

Wir müssen unsere Termine einhalten, mahnt der Geschäftsführer, der jetzt nicht mehr Chef ist für Maik Peters: Die Abgabe sollte vor drei Wochen sein, da konnte ich zum Glück noch auf die fehlenden Vorleistungen hinweisen, aber alle Unterlagen vom Bodengutachter und vom Statiker liegen inzwischen vor! Übermorgen ist der Abgabetermin, als Nachfrist schon......

Aber Sie sind doch mit Herrn Schilling befreundet, der kann bestimmt ein gutes Wort für uns einlegen... sagt der junge Architekt, die Stimme klingt fern aus Magdeburg. Irgendwie scheint er abgelenkt, übermüdet vielleicht, zum Glück hat er sich noch Unterstützung geholt....

Er sitzt inzwischen im Vorstand des Vereins, erwidert der Geschäftsführer, und er will, dass die BauUnion möglichst schnell anfangen kann zu bauen... es geht schließlich auch um sein Gehalt!

Die Pläne werden superschön, sagt Maik Peters schnell, wir entwickeln schon Details!

Haben Sie denn alles eingearbeitet, was ich letzte Woche angekreuzt habe? Die fehlenden Höhenkoten? Die Steigungsangaben für die Treppen? Und sind die Schnitte schon fertig? Wann schicken Sie mir die Sachen? Ich muss die Pläne natürlich sehen, bevor wir abgeben... am besten komme ich heute nach Magdeburg, dann machen wir alles bis morgen fertig..... man sollte einen Tag vor der Abgabe fertig sein!

Nein, nein, das geht nicht, wehrt der junge Architekt ab.... ich bin erst nach sechzehn Uhr wieder am Rechner.....

Gut, dann bin ich kurz nach vier vor Ihrer Tür! Gegen halb vier fahre ich hier los.... bestimmt der ältere Architekt.

Sie haben besprochen, dass Maik Peters die Hälfte der Summe bekommen soll, die der Bauherr für den Bauantrag zahlt.... ein schlechtes Geschäft für Bauprojekt zwar, psychologisch aber eine Notwendigkeit..... Kristin Radomsky hat es ihm sofort in ihren Listen nachgewiesen: summiert in allen Monaten seit der ersten Skizze, seit dem ersten Arbeitsmodell ist der Aufwand in diesem Auftrag höher gewesen als die Summen, die für die Studien bisher gezahlt wurden.

Nein, Maik Peters kriege zu viel, hatte sie mit finsterer Miene geschimpft, deutlich merkt man, dass sie ihn noch immer nicht mag. Dafür müsse er auch den Entwurf weiter entwickeln, hatte der Geschäftsführer seine Entscheidung gerechtfertigt.

Gegen vierzehn Uhr ruft Schilling im Alten Wasserwerk an: Treffen wir uns bei Euch im Büro? fragt er, und der Architekt ist etwas überrascht: Wir können uns gerne treffen, Achim..... aber die Pläne für Thale werden erst morgen fertig....

Schilling verwundet: Aber warum sollen wir uns dann zusammensetzen? Dein Maik Peters hat bei mir angerufen.... er ist gegen drei Uhr hier in Quedlinburg.... na ja, wir kommen dann zu Dir!


Aber um drei Uhr kommt niemand in das Alte Wasserwerk, auch nicht um viertel nach drei. Das Telefon bleibt stumm. Der Architekt wartet, versucht Achim Schilling zu erreichen. Die Herren sind in einer Beratung, bescheidet ihm Bohrs Sekretärin.

Als er dann bei der BauUnion durch die Glastür stürmt, die Treppe hoch, in den Beratungsraum, der vor Jahren Ort seiner ersten Begegnungen in Quedlinburg war, findet er sie dort alle vor: Maik Peters sitzt da, Bohr und Schilling von der BauUnion, der Statiker, den sie beauftragt haben, und Herr Wohlfahrt vom Paritätischen Arbeiterbund. Auf dem großen Tisch liegen Pläne.

Maik Peters hatte in paar Fragen, räuspert sich Achim Schilling.... der Entwurf hat sich ja schon ganz gut entwickelt.... aber zum Bauantrag fehlt noch einiges.....

Der junge Architekt schweigt und hat den Blick zum Fenster gewendet, in Richtung des hohen Schornsteins, des Krematoriums....

Wenn ich Sie richtig verstanden habe, Herr Peters, sind Sie als Architekt noch nicht eingetragen, sagt Schilling dann sehr bedachtsam.... Sie sind also nicht bauvorlageberechtigt, auch wenn der neue Entwurf für das Seniorenheim von Ihnen ist, wie Sie sagen....

Die anderen schweigen.

Schilling räuspert sich noch einmal: Wenn Sie nicht bauvorlageberechtigt sind, Herr Peters, sollte die Bauprojekt den Bauantrag stellen, Bauprojekt hat den Vertrag...... Sie müssen sich einigen! Schilling nickt mehrmals in die Richtung des Geschäftsführers, aber die Pläne für den Bauantrag müssen dringend fertig werden!


Habt Ihr mal gesehen, was er mit dem Palast der Republik gemacht hat? fragt der Chef des Paritätischen Arbeiterbunds in die Runde, als die beiden Architekten den Beratungsraum der BauUnion verlassen haben.

Nein, nein... er gehört nicht zu uns, murmelt Bohr....


Hier endet der 358. Eintrag: Dieser Blog mischt Fiktion und Realität. Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen sind zufällig und in der historischen Überlieferung nicht verbürgt. Ich bin nur der Navigator, mein Name sei NEMO:

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Geschrieben von

archinaut

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