Versuchung

Ostharz: Einfach mal auf den Tisch hauen.... ein Roman in Fragmenten

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Frau Keyser, die Architektin, ist immer noch sehr aufgeregt: der Rechtsanwalt hat ihr erklärt, dass ein Honoraranspruch des Küchenplaners auch ohne schriftlichen Vertrag entsteht.

Das wusste ich doch gar nicht, verzweifelt sie kleinlaut auf der Rückbank des Wagens.... Kristin Radomsky pflichtet ihr eifrig bei: ... ist ja auch eine ganz hinterlistige Tour... Er hat uns nie ein Angebot geschickt!

Durch eine Umleitung zwischen Bernburg und Köthen waren sie viel zu spät im Büro des Anwalts in Wittenberg eingetroffen, er war bereits unterwegs zu einem Mandantengespräch, so mussten sie bis in den Nachmittag hinein auf seine Rückkehr warten, Frau Keyser, Frau Radomsky und der Chef der Bauprojekt Quedlinburg.

Als der von Schilling so warm empfohlene Anwalt zurückkam, hat er ihnen trotz der fortgeschrittenen Tageszeit ausführlich die Rechtslage erläutert, erst spät haben sie die Rückfahrt angetreten.... auch die nun notgedrungen für die Heimfahrt anfallenden Überstunden ärgern Frau Keyser, in der Regel macht sie pünktlich Feierabend....

Kristin Radomsky denkt sorgenvoll an das Konto des Unternehmens, nicht nur an den Ist-Zustand, sondern an die Ausgaben der nächsten Wochen, Umsatzsteuer, Sozialabgaben, Gehälter.... Ich verstehe gar nicht, wofür der Küchenplaner fünfundzwanzigtausend Euro haben will, soviel kann der doch gar nicht gemacht haben, höchstens ein paar Skizzen und Berechnungen....

Der Anwalt hat Frau Keyser aufgetragen, alle Notizen und alle E-mails zusammenzustellen, damit er prüfen kann, ob im Streitfall eine bestellte Leistung nachweisbar ist, oder ob der Planer unentgeltliche Akquisitionsleistungen erbracht hat: Jede Aufforderung, etwas in Ihren eigenen Architektenplänen zu überprüfen, kann als Bestellung betrachtet werden.... oder haben Sie immer schriftlich darum gebeten, dass der Küchenplaner diese Prüfung ohne Honorar erbringen möchte?

Frau Keyser Gesicht wird immer noch ganz heiß, wenn sie daran denkt... und jetzt wird die Kantine nicht einmal gebaut, obwohl so viel Arbeit drin steckt.... das liegt bestimmt an dem Pultdach, dass Maik Peters gezeichnet hat!

Aber nein, Frau Keyser, wendet der Geschäftsführer ein, der vorne sitzt, Frau Bernstein hat ein begrenztes Budget....

Helmdeck & Mantey haben auch eine neue Küche gezeichnet, das habe ich von Frau Bollmann gehört, die arbeitet jetzt bei unseren feinen Kollegen von früher..... würde mich nicht wundern, wenn die den Auftrag kriegen..... Kristin Radomsky lässt kleine hässliche Überraschungen gerne möglichst effektvoll platzen.

Oh nein, das habe ich befürchtet, stöhnt Frau Keyser kreidebleich im rückwärtigen Wagendunkel, die nehmen uns noch alle Bauherrn weg!

Das hoffe ich nicht, lacht der Geschäftsführer vorne am Steuer, wir müssen uns eben anstrengen, unsere Auftraggeber zufrieden zu stellen...!

Du musst beim Bauherrn einfach mal auf den Tisch hauen, das hat Kobold auch manchmal gemacht.... fordert Kristin Radomsky jetzt, wir machen keinen Strich mehr ohne Geld!

Glaubst Du denn, dass Helmdeck & Mantey für jeden Strich ein Honorar verlangen?

Jetzt ärgert sie sich.... offensichtlich ein Treffer, aber sie hat ihr Thema gefunden: Bei uns im Büro müsstest Du auch mal auf den Tisch hauen... Peters hat mir immer noch nicht sein Diplomzeugnis für die Personalakte gebracht... Bei Dir darf eben jeder machen, was er will...

Eigentlich ist ja Feierabend, denkt Frau Keyser, ob es daran liegt... Kristin nimmt sich ja einiges raus beim Chef....., recht hat sie eigentlich, selbst die Absolventen dürfen bei Allem mitreden...

Kristin Radomsky will ihrem bedrängten Gemüt wahrscheinlich nur Luft machen.... aber es dauert nicht lange, bis sie anfängt sogar über den Fahrstil des Chefs zu lästern.


Hier endet der 347. Eintrag: Dieser Blog mischt Fiktion und Realität. Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen sind zufällig und in der historischen Überlieferung nicht verbürgt. Ich bin nur der Navigator, mein Name sei NEMO:

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Geschrieben von

archinaut

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