Deutschland – USA. Ein Vergleich

Venture Capital Warum gibt es kein deutsches Google oder Facebook? Haben die im Silicon Valley einfach bessere Ideen? Und, was bedeutet das Freihandelsabkommen für deutsche Startups?

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Möchte man ein größeres Unternehmen gründen wird Startkapital benötigt. Die Summen für Lizenzen und Patentanmeldungen übersteigen schnell eigene Ressourcen. Weil größere Beträge – ohne Absicherung durch Eigenkapital – einem deutschen Bankberater im allgemeinen Schweissausbrüche auf die Stirn treiben sucht man sich hierfür am besten gleich sogenanntes Wagniskapital oder Venture Capital. Wer ein schnell wachsendes Technologieunternehmen gründen will, kommt um diese erzkapitalistische Form der Finanzierung nur schwer herum.

Gemessen am BIP wird in den USA zehnmal mehr Wagnis- oder Venture Capital investiert als in Deutschland. 2012 wurden dort insgesamt 19,1 Mrd. Euro (26,5 bn USD) in Startups investiert. Im Vergleich schneidet Deutschland mit seinen 360 Millionen (davon 180 Mio. in Berlin) – also nur 1,8% der US Summe – schlecht ab. Leider sah es europaweit mit insgesamt nur 16,7 % der vergleichbaren Investitionen in den USA – mit €3.2 Mrd. Venture Capital in der EU – nicht viel besser aus.

Warum ist das so? Warum gibt es mehr Geld für amerikanische Startups als für deutsche oder europäische? War das immer schon so?

Venture Capital Finanzierung in Europa ist eine vergleichsweise neue Form der Unternehmensfinanzierung, die es hier erst seit den 1980er Jahren gibt. Durch Regulierungen und Größenbeschränkungen sind europäische Venture Capital Unternehmen kleiner und eingeschränkter in ihren Aktionsfeldern. Mit der weltweiten Bankenkrise begann 2007 ein europäischer Abwärtstrend der Unternehmensfinanzierung, welcher bis heute andauert. Trotz Anzeichen von Stabilisierung setzt ein schwaches Investitionsvolumen diesen Abwärtstrend bei der Unternehmensfinanzierung weiter fort.

2011 waren in Europa noch 26 VC-Fonds tätig. Aber schon ein Jahr später, 2012, halbierte sich deren Zahl auf nur 13. Alle erhielten im Durchschnitt weniger Kapital als 2011 – nicht nur etwas weniger sondern z. T. bis zu 51% weniger. Sodass nicht nur das Volumen sondern auch die Aktivität der europäischen Venture Capital Fonds in den letzten Jahren dramatisch reduziert wurden. Woran liegt es, dass der Markt es nicht schafft das notwendige Kapital für Startups in Europa zur Verfügung zu stellen?

Fazit. Jetzt könnte man sagen: Deutschland hat doch eine sehr vitale Gründerszene. Die deutschen Startups arbeiten viel sparsamer und effizienter, sie kommen mit viel weniger Geld aus als die amerikanischen. So what's the Problem?

Dies verkennt jedoch Bedingungen im internationalen Wettbewerb. Produktentwicklung und das Erschließen neuer Absatzmärkte läßt sich eben nicht durch Geldsparen vorantreiben. Vor allem wird es durch die enorme Marktkonzentration großer multinationaler Unternehmen für Neueinsteiger zunehmend schwieriger sich langfristig am Markt zu etablieren. Es wird also so lange kein deutsches Google oder Facebook geben, bis die Politik dieser Konzentration entschiedener begegnet. Dass das Freihandelsabkommen für deutsche Unternehmen an der Situation irgend etwas zu ändern vermag darf bezweifelt werden. Im Gegenteil.

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Geschrieben von

silvio spottiswoode

»Ohne Griechenland kann man Europa umbenennen, etwa in Horst.« (Nils Minkmar)

silvio spottiswoode

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