Verlag für Kurzes, ein Newcomer, der unsere Aufmerksamkeit verdient

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Verlagsneugründungen haben es schwer in Deutschland. Mehrere Großverlage beherrschen den Markt und kaufen kleinere Konkurrenten auf. Der traditionsreiche Eichborn Verlag musste Insolvenz anmelden. Und doch gibt es sie immer noch, die Büchernarren, die in neuen Verlagen Bücher herausbringen, die ihre Leser finden sollten. Es steckt viel Enthusiasmus dahinter, Euphorie und das Wissen, dass die großen Verlage viele unbekannten Autoren überhaupt nicht verlegen, weil sie das wirtschaftliche Risiko scheuen. Zwar verkauft ein Autor in einem kleineren Verlag vielleicht weniger Bücher, doch er bekommt eine Chance, sein Buch zu veröffentlichen. Und das sind manchmal Juwelen, die sonst nie erscheinen würden.

Wie aber entsteht ein neuer Verlag? Einfach anfangen, Lesungen besuchen, eine qualitativ gute und dazu preiswerte Druckerei finden und Lektoren engagieren. Dazu Autoren ansprechen, deren Texte lesen und Mitstreiter suchen, denen das Projekt eine Herzensangelegenheit ist. Vertriebeswege erschließen, Amazon ist dabei einfach ein Muss. Vieles selber erledigen, um Geld zu sparen. Und irgendwann, nach Wochen harter Arbeit, das erste Buch des eigenen Verlages in der Hand halten.

In Berlin wurde am 08. September 2011 der Verlag für Kurzes gegründet. Der Name ist Programm, kurze Geschichten, die berühren und unter die Haut gehen. Es sind kleine, handliche Bücher, sie passen ideal in jede Handtasche und auf den Nachttisch. Geschrieben wurden sie von Autoren, die ihr Handwerk verstehen und Schreibkurse beispielsweise in Volkshochschulen oder privaten Schreibbühnen anbieten. Sie schreiben schon lange und bringen auch Erfahrungen aus anderen künsterischen Genres in ihre Werke ein. Auch die Verlegerin ist keine Newcomerin, sie erwarb schon vor der Gründung ihres eigenen Verlages Erfahrungen in dieser Branche. Außerdem schreibt sie selber, etwas, was bei kleineren Verlagen häufig der Fall ist. Das Verlagsprogramm startet mit vier Büchern von vier Autoren.


Einer dieser Autoren ist Carsten Benecke. 1973 geboren, besuchte er nach dem Abitur eine Schauspielschule und arbeitete in freien Theatergruppen, wo er sich die Grundlagen dramatischen Schreibens aneignete. Im Per H. Lauke Verlag erschienen mehrere von ihm verfasste Theaterstücke. Wie andere Autoren arbeitete auch er in verschiedenen Berufen, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen, so im Callcenter, im Krankentransport, einem Wettbüro und in der Baubranche. Doch seine Passion blieb immer das Schreiben.

Der Verlag für Kurzes bringt nun sein erstes Buch heraus, „ Ein leeres Haus“. Es ist eine dieser Geschichten, die von der ersten Zeile an fesseln. Schnell baut sich eine Verbundenheit mit dem Protagonisten auf, der immer mehr in einen Strudel von Ereignissen gerät, die er selber nicht mehr beeinflussen kann. Benecke führt den Leser durch alltägliche Situationen in die Abgründe menschlicher Psyche, er baut eine subtile Spannung auf, die er durchgehend aufrecht erhält. Irrwege werden gekonnt eingebaut, auf die der Leser geschickt wird, und es kommt doch wieder eine überraschende und nicht erwartete Wendung. So endet das Buch auch und lässt den Leser verblüfft allein.


Es ist ein unbedingt lesenswertes Buch von einem Verlag, der kurze Geschichten bisher unbekannter Autoren einer breiteren Leserschaft zugänglich machen möchte. An weiteren Projekten wird gearbeitet, das Programm soll ausgebaut werden. An guter und anspruchsvoller Literatur Interessierte sollten sich den Verlagsnamen notieren. Alle Bücher sind natürlich auch bei Amazon verfügbar.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

rolf netzmann

life is illusion, adventure, challenge...but not a dream

rolf netzmann

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