Was bleibt

Open-Air-Kinos Was bedeutet es für die Betreiber wirtschaftlich, wenn der Sommer wechselhaft ist?
Ausgabe 32/2013

Am Himmel ziehen dunkle Wolken zusammen, die Luft ist geladen. Trotzdem ist das Freiluftkino Friedrichshain gut besucht. Pünktlich zum Start des Films Was bleibt von Hans-Christian Schmid fängt es an zu stürmen. Es ist der 20. Juni, ein Unwetter tobt in Berlin. Es regnet Sturzbäche. Bäume werden entwurzelt, Gullydeckel hochgedrückt. Nicht der ideale Abend für einen Open-Air-Kinobesuch.

Nicht dass es keine trockenen Sonnentage gäbe in diesem Sommer, aber verlassen kann man sich aufs Wetter nicht. Was bedeutet das für Sommerkinos? Zuschüsse von der Stadt gibt es für kaum ein Freiluftkino, wirtschaftlich müssen sie sich selbst tragen. Schaffen sie das?

In Friedrichshain trotzen an diesem Abend viele Zuschauer dem Unwetter. Auch wenn der Ton kaum gegen das Heulen des Winds ankommt: Überall werden Regenhosen herausgeholt und Capes übergestreift. Hier stimmt es wieder mal: Es gibt kein schlechtes Wetter, sondern nur schlechte Kleidung. Andererseits: Gälte das immer, könnte man auch im Winter Open-Air-Kinos betreiben. Funktioniert das Geschäft dank Trekkingkleidung verlässlich? „Nein“, sagt Louis Schneider. Er betreibt drei große Freiluftkinos in Berlin, in Friedrichshain, Kreuzberg und im Wedding. „Bei Regen machen wir Miese“, sagt er. „Die Kunst ist, die schlechten Tage mit einigen guten auszugleichen.“ Ein Kinoabend lohnt sich für ihn ab etwa 150 Personen pro Kino. Bei gutem Wetter kommen bis zu 2000. „Die müssen wir dann auch abfertigen können“, sagt er. „Nicht länger als zehn Minuten darf der Kartenkauf dauern. Alle müssen etwas zu trinken bekommen haben, bevor es losgeht.“ Sonst gehen ihm Einnahmen verloren, die er braucht, um im Lauf des Sommers die schlechten Abende des verregneten Junis auszugleichen.

Dafür hat Schneider flexibel einsetzbare Springer, die er auch kurzfristig zur Arbeit zitieren kann. 20 Prozent seiner Leute beschäftigt er auf Abruf. Diese Strategie zahlt sich für ihn aus. „Laut dem Verband der Filmverleiher sind wir das einzige Freiluftkino Deutschlands, das schwarze Zahlen schreibt“, sagt Louis Schneider. Freiluftkinos könnten sich auch gegen schlechtes Wetter versichern lassen. Aber weil Regen so wahrscheinlich ist, steigen die Versicherungskosten. „Das lohnt sich für keinen Kinobetreiber“, sagt er.

Am Propyläen und auf Pauli

Für ihn ist es wichtiger als für manch anderen, dass sein Open-Air-Kino sich rentiert. Während die meisten Sommerkinos zu festen Häusern gehören, die das ganze Jahr über Indoor-Kino anbieten, gibt es Schneiders Freiluftkino nur im Sommer, dafür jeden Abend an drei Orten. Einige feste Kinohäuser betreiben im Sommer vor allem deshalb auch Open-Air-Kinos, um das bei gutem Wetter schlechte Kinogeschäft aufzufangen.

Um dem Indoor-Betrieb aber damit nicht zu schaden, zeigen sie draußen vor allem ältere Filme. Man kann 2013 allerhand Filme sehen, die 2012 liefen, und viele Klassiker. Die aktuellen Filme bleiben eher in den regulären Kinos. Deren Hauptgeschäft läuft drinnen.

Draußen kann der Kinobesuch dafür einen Erlebnischarakter bekommen. In München wurde der Film Troja seinerzeit am Königsplatz gezeigt, zwischen Propyläen und Glyptothek. Hier ist weniger der Film der Anlass für den Kinobesuch als der Ort. Während größere Indoor-Kinos dreistellige Sitzzahlen haben, besuchen solche Events Tausende. Oder das Hamburger Kino 3001: Es zeigte kürzlich Filme im Stadion des FC St. Pauli. Weil der Klub sein Stadion im Juli zurückforderte, war die Freiluftkino-Saison dort aber vorbei, bevor der Sommer begann. Dass die Fußballfilme aber trotz Regens sehr gut gelaufen seien, wie Geschäftsführer Ralf Denecke sagt, das könnte unter Umständen auch damit zu tun haben, dass das Stadion großteils überdacht ist.

Freiluftkino in Berlin noch bis Mitte September, freiluftkino-berlin.de Weitere Städte etwa unter openairkino.de

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