Der Fall Edathy

Pädophilie Sebastian Edathy bestellte Bilder von nackten Jungen und flieht seit Bekanntwerden vor dem gesellschaftlichen Zorn. Dabei ist auch er ein Opfer, dem geholfen werden muss

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Edathys Kauf von Bildern, die Jungen mit nackten Oberkörpern abbilden, löste eine heftige Diskussion aus, vor allem Rufe nach einer harten Strafe für Edathy sind zu vernehmen. Er sei schließlich pädophil, den Kindern auf den Photos wurde Schaden zugefügt und überhaupt gehöre ein solcher Mensch nicht in die Politik, geschweige denn auf die Straße.

Rechtlich gesehen hat Edathy nichts verbotenes getan: Die Photos zeigen keine sexuellen Handlungen, den Kindern wurde kein körperlicher oder seelischer Schaden zugefügt. Doch die Frage kann nicht nur sein, wie es den Kindern ergeht. Natürlich ist Kinderpornografie ein Verbrechen an der Menschenwürde, Produktion und Besitz dokumentierter Vergewaltigung ist keineswegs zu akzeptieren.

In der Diskussion um Pädophilie geht es aber gerne undifferenziert umher. Da verwechselt man schnell mal Pädophile mit Kinderschädern und verallgemeinert eher harmlose Darstellungen als Kinderpornografie. Schwarz-weiß-Denken ist hier aber nicht angebracht.

Pädophilie ist zunächst eine sexuelle Neigung. Jemand ist heterosexuell, homosexuell, bisexuell oder vielleicht pädophil. Im 21. Jahrhundert können wir uns einer immer größeren Toleranz mit sexuellen Ausrichtungen erfreuen. Zwischen Pädophilie und den anderen Ausrichtungen gibt es aber einen entscheidenden Unterschied: Die Ausübung der Phantasien kann nicht toleriert werden, da Kinder als Sexualpartner nicht in Betracht kommen.

Allein die Existenz von Pädophilie muss aber zunächst gesehen und hingenommen werden. Ob ich pädophil bin oder nicht, kann ich nicht wählen, ebenso kann ich dies nicht in Bezug auf Homo- und Heterosexualität tun.

Pädophilie gibt es, den Pädophilen ist aber nicht geholfen, wenn die Gesellschaft sie verteufelt.
Pädophile müssen verdeckt bleiben, können ihre Phantasien nicht ausleben und auch öffentliches Auftreten und das Thematisieren ihres Problems würde wohl kaum akzeptiert. Sie werden allein gelassen.

Isolation hilft niemandem

Durch fehlende Hilfe besteht die Gefahr, dass man schwach wird, Kinderpornographie konsumiert oder schließlich gar zum Kinderschänder wird. Die Frage ist, wie groß der sexuelle Druck auf Pädophile ist und wie dieser minimiert werden kann. Hilft der Konsum von Pornografie? Hier gibt es schließlich auch die Möglichkeit, auf animierte Filme zurückzugreifen.

Der Gang zum Therapeuten ist schwer, denn hier begibt man sich ein kleines Stück in die Öffentlichkeit.

In der Diskussion sollte man also nicht vergessen, dass auch den Pädophilen geholfen werden muss. Denn wohl nur durch das mildern der sexuellen Lust mittels Therapien kann man das Interesse an und somit den Konsum von Kinderpornographie verhindern. Sperren hilft hier nicht, weder den Kindern, noch den Tätern oder Konsumenten.

Dass Edathy nun ins Ausland flüchtete und sich im Spiegel rechtfertigt, sollte verständlich sein. Wer möchte gerne, dass seine privateste Intimsphäre publik gemacht wird?
Der Mob sollte den Mann in Ruhe lassen und anfangen, zu sprechen. Darüber, wie man mit Pädophilie umgeht und wie man Kinder schützt. Hass auf Pädophile führt nur zu Isolation mit den Problemen und im schlimmsten Fall zum Ausbruch der Lust.

Der Fall Edathy ist für alle Pädophile ein Grund, nicht mit Anderen über ihre Probleme zu sprechen. Der Fall Edathy verallgemeinert und verunsichert, schürt Angst und Hass.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Charles Manke

Ingenieur, verheiratet, 3 Kinder

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