Zu den Unterzeichnern eines am gesterigen Montag veröffentlichten Aufrufes zur Europa-Wahl am 25. Mai 2014 gehören neben dem ehemalige Generalsekretär des Ökumenischen Weltrats der Kirchen, Dr. Konrad Raiser, dem Ehrenvorsitzenden der Bündnisgrünen in Sachsen-Anhalt und Vater des Rot-Rot-Grünen Tolerierungsbündisses von 1994 Jochen Tschiche und seinem Parteifreund Heiko Lietz, ehemaliger Spitzenkandidat in Mecklenburg-Vorpommern, auch der frühere Erfurter Propst Heino Falcke sowie Ruth und Hans Misselwitz, Joachim Garstecki und Gerhard Rein.
Die Verfasser sehen die Zunkuft Europas bedroht wie bei keiner Wahl zuvor:
"Im Kontext der aktuellen Krise um die Ukraine kommt es nun am 25. Mai 2014 zur Europawahl. Sie kann zu einer Richtungsentscheidung für die weitere Entwicklung Europas werden. In einer Reihe von Mitgliedsstaaten nutzen euroskeptische, rechtspopulistische und nationalistische Parteien die schon vorhandene Kritik an der Europäischen Union für ihre Ablehnung des Projekts einer europäischen Einigung. Sollten sie mit einem starken Votum aus der Wahl hervorgehen, könnten sie die Arbeit des Parlaments blockieren."
Diesem Worst-Case-Szenario stellen sie ihre Vision von Europa gegenüber:
"Die Europäische Union ist ein Friedensprojekt. Es entstand durch den Willen zur Versöhnung zwischen ehemals verfeindeten Staaten und Nationen. Europa möchte als eine Gemeinschaft wahrgenommen werden, die für Freiheit, die Verwirklichung der Menschenrechte, für solidarischen Abbau von Ungleichheit und die demokratische Partizipation seiner Bürger eintritt."
Diese Projekt sehen die Autorinnen und Autoren nicht nur durch die Europa-Skeptiker bedroht, sondern auch durch den sträflichen Marktoptimismus der Jahrtausendwendegeneration europäischer Staatenlenker, der für die Bankenkrise, deren Umwandlung in eine Staatschuldenkrise und den mit dieser Krise begründeten Sozialabbau verantwortlich ist, was zusammen erst die jetzt entstandene Europa-Skepsis auf den Plan gerufen hat.
"Die Hoffnung, dass die soziale Ungleichheit in Europa durch Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit, d.h. innerhalb der marktwirtschaftlichen Logik, überwunden werden könne, hat sich schon in den 80er Jahren als Illusion erwiesen. Wir sollten inzwischen begriffen haben, dass als „Reformen“ deklarierte Programme der Strukturanpassung, wie sie von der so genannten „Troika“ den südeuropäischen Ländern auferlegt worden sind, allein die Probleme nicht lösen sondern verschärfen."
Europa und der Frieden haben deshalb nur eine Chance, wenn die Bürger und Politiker der EU durch eine "Neubestimmung" zur ursprünglichen europäischen Vision zurückkehren, bei der innerhalb der Union, aber auch in deren Verhältnis zu Nicht-Europäern Solidarität Vorrang vor Wettbewerb hat.
"Nach unserer Einschätzung befinden wir uns in einer Situation, wo die ausschließliche Orientierung an der wirtschaftlichen und finanzpolitischen Krisenbewältigung dazu führt, dass die Grundlagen der europäischen Einigung untergraben werden. Deshalb halten wir ein Umsteuern in der Europapolitik für vordringlich, und sind überzeugt, dass eine Neubestimmung der langfristigen Ziele im Sinne der Formel 'Solidargemeinschaft statt Staaten-Wettbewerb' notwendig ist. Diese Neubestimmung der Ziele muss insbesondere auch die europäischen Positionen im Blick auf die Klimakrise und die Revision der bisherigen Flüchtlings- und Asylpolitik umfassen."
Die politisch und publizistisch nach wie vor aktiven Ruheständler bitten um die Weiterverbreitung ihres Aufrufes.
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