Genmais-Zulassung, Meisterstück der Lobby

Pseudogrüne Genetik Die EU öffnet den Markt für Bt-Mais 1507. Unsere Regierung bleibt passiv. Der genmodifizierte Mais trägt zusätzlich eine gefährliche Eigenschaft: Glufosinat-Resistenz

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Genmais-Zulassung, Meisterstück der Lobby

Foto: Sean Gallup/Getty Images

Bt-Mais 1507-Zulassung, ein Meisterstück des Lobbyismus

Allzu lässige Berichterstattung

Was soll man nur machen? Am gesamtmedialen, biologischen Sachverstand der deutschen Presse und des deutschen Fernsehens kommt man, weder als kenntnisreicher Leser, noch als ehrenamtlicher oder beruflicher Kritiker aus den NGOs, je wirklich vorbei.

Der nun kurz vor der EU-Zulassung stehende Bt-Mais 1507 (US-Firmen DuPont und Dow) ist, nach der Meinung der sachlich federführenden Journalisten unseres Landes, hauptsächlich eine Konkurrenz-Variante des schon eingeführten, gentechnisch veränderten Maises, Mon 810 (US-Firma Monsanto).

In der SZ ( http://www.sueddeutsche.de/wissen/genmais-vor-der-zulassung-bauern-warnen-vor-gentechnikkrieg-auf-den-doerfern-1.1885473 ), der FAZ (http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wirtschaftspolitik/landwirtschaft-ein-sieg-fuer-den-gen-mais-12797039.html , http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wirtschaftspolitik/veraenderte-lebensmittel-deutschlands-bauern-verschmaehen-den-gen-mais-12797931.html ), der ZEIT (http://www.zeit.de/wissen/2014-02/gentechnik-mais-1507-kommentar ) und im SPIEGEL ( http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/wie-gefaehrlich-genmais-wirklich-ist-a-952745.html ), schreiben sie so.

Das ist falsch, weil der Bt-Mais 1507, mit der Totalherbizid-Resistenz gegen Glufosinat ein zusätzliches, ganz anderes, funktionales Prinzip in die Nutzpflanzensorte integriert. Die zweite Eigenschaft, die Herbizidresistenz hat nur dann einen Sinn, wenn die Bauern mit dem entsprechenden Totalherbizid, in diesem Falle Glufosinat, spritzen.

Selbst die wichtigsten TV- Nachrichten, an denen sich die meisten Bürger orientieren, erzählen und berichten dazu nicht, sondern schildern lieber die Fähigkeit der Mais-Hybridsorte, zwei Bacillus Thuringiensis- Toxine gegen den Schädling, die Maiszünslerraupe, in hoher Konzentration bilden zu können.

Gentechnisch veränderte Nutzpflanzen, Gen-Mais und Alternativen

Der Maiszünsler ist ein Kleinschmetterling, Ostrinia nubilalis, dessen Raupen vor allem Fraßschäden an Mais, geringer auch an anderen landwirtschaftlichen Nutzpflanzen, hinterlassen. An den Maispflanzen wird durch den Fraß der Saftstrom aus der Wurzel erschwert, die Blattmasse gemindert, sowie die Fruchtstände (Kolben), geschädigt. Über die Fraßwunden können zusätzlich Pilze eindringen, die den Ertrag weiter mindern.

Ursprünglich aus Europa stammend, hat sich der Maiszünsler, auch European corn borer genannt, als aggressiver Einwanderer in Nordamerika erwiesen.

Während in Europa teilresistente und widerstandsfähige Nutzpflanzen, auch Maissorten, durchaus zur Verfügung stehen und biologische Methoden (Schlupfwespen, Pheromone) in der Bekämpfung erfolgreich sind, sowie eine angepasste Bodenbearbeitung bei endemischem Befall gut wirkt, drängen die industriellen Anbieter, zusammen mit dem Zwischenhandel und den Landwirtschaftsberatern, weltweit zum Einsatz der Genmais-Sorten und anderer gentechnisch modifizierter Pflanzen (Weizen, Soja, Reis). In Nord- und Südamerika, in Indien und Asien, waren sie damit extrem erfolgreich.

Tatsächlich werden die Auswirkungen der Bt-Toxin Gene auf die übrige Schmetterlings- und Weichflüglerflora, sowie auf nützliche Raubwanzen und Bienen, widersprüchlich beurteilt. Die umfangreichsten Arbeiten und die größten Metastudien scheinen die behauptete Schädlichkeit nicht zu belegen.

Die Mehrheit der Studien kommt zu dem Fazit, dass Bt-Mais, sei es nun der schon zugelassene Mon-810 oder der neue Hybridmais 1507, nicht umweltschädlich mit Bezug auf diese Bt-Toxinwirkungen sei.

Die meisten Studien befassten sich jedoch nur mit den Bt-Toxinen aus den gentechnisch veränderten Pflanzen und nicht mit den Folgen der Totalherbizid-Resistenz in den Nutzpflanzen und der daraus folgenden, regelmäßigen und flächendeckenden Anwendung der entsprechenden Chemiekalien.

Nur nebenbei: Das hat nichts mit weiteren biologischen Risiken der Hochleistungs-Maiskulturen auf großen Schlägen (Ackerflächen) zu tun. Die extreme Bodenbelastung, muss durch Düngemitteleintrag und sehr umsichtige Bodenbarbeitung kompensiert werden.

Das hat auch nichts mit den Folgewirkungen dieses Anbaus für Gewässer, für die Begleitflora und den Charakter ganzer Landschaftsbiotope zu tun. Und ebenso nichts, mit der Kritik an der starken Abhängigkeit der Landwirte von wenigen globalen Konzernen und ihren vielen Schachtelfirmen, die dazu übergehen Pakete aus Saatgut, Schädlingsbekämpfung und Herbizid (vulgo Bei- und Unterwuchsvernichter) zu verkaufen. Manche liefern gleich auch noch die passenden Düngemittel. Besonders auf den Märkten der Dritten Welt und der Schwellenländer, herrschen die patentierten Nutzpflanzen der Konzerne, zunehmend flächendeckend.

Dass die Ergebnisse so relativ eindeutig sind, liegt jedoch auch an der geringen Zahl der überhaupt noch ohne Abhängigkeitsverhältnisse forschenden Wissenschaftler, im Bereich der Nutzpflanzenforschung und der grünen Gentechnologie.

Die allermeisten wissenschaftlichen Arbeitsplätze sind mit der Insektizid- und Herbizid- Industrie verbunden. An staatlichen Hochschulen dominieren in diesem Bereich industrieabhängige Institute und Gelehrte. Viele leitende Mitarbeiter und Beamte in den Kontrollbehörden und Ministerien stammen aus der Industrie oder wurden industrienah an den Universitäten ausgebildet. - Zumindest für die deutsche Forschung und die Behörden rund um den Pflanzenschutz, sowie für die US- amerikanischen Einrichtungen, ist dieser Misstand lange schon bekannt.

Totalherbizid- Resistenz

Die öffentliche Diskussion geht allzu leichtfertig daran vorbei, dass der Bt-Mais 1507 eine weitere, in diesem Zusammenhang viel bedeutendere, gentechnische Veränderung erfahren hat.

Er ist gegen Glufosinat, ein Totalherbizid, resistent. - Das ist ein wichtiger Unterschied zu dem bereits zugelassenen Mon- 810-Mais!

Die Anzeichen mehren sich, dass die reine Bt-Toxin-Bildung im Mais den Hunger nach mehr Ertrag mit geringerem Mitteleinsatz nicht mehr genügt. Es kommt ökonomisch dabei zu wenig heraus. Die Integration der neuen Genfunktion, Herbizidresistenz, bietet nun die Möglichkeit, die schon bestehende Abhängigkeit der Landwirte von den Saatgutanbietern weiter zu erhöhen. Bauern weltweit, müssen nun patentierte Anbausysteme kaufen, wollen sie in den Hauptanbaugebieten konkurrenzfähig bleiben.

Agrarbanken in den USA, vergeben ihre Kredite zur Vorfinanzierung lieber an solche Farmer, die auf die dort mittlerweile üblichen, gentechnologisch veränderten Sorten zurückgreifen.

Die tatsächlichen Ernteerfolge mit Mon 810, der nur die Bt-Toxinwirkung aufweist, waren immer eher bescheiden, wie Versuche in Spanien zeigten und mittlerweile viele Bauern an ihren Ernten erleben durften. Wegen der hohen Kosten für das Saatgut, müssen überzeugendere, neue Eigenschaften in Mais- Hybridsorten eingebaut werden. - Monsantos Konkurrenz liefert nun einen gentechnologisch veränderten Mais, der mit zwei unterschiedlichen Eigenschaften aufwarten kann!

Die Glufosinat- Resistenz, ist aber, wie die Glyphosat-Resistenz der Firma Monsanto in Mais und anderen Nutzpflanzen, eine alte Bekannte. Wer die in seiner Nutzpflanze hat, der will nun auch das passende Basta®, Marktführerprodukt bei Glufosinat, neuerdings beschönigend Breitbandherbizid genannt, in den großen Maisschlägen einsetzen.

Dieses Mittel vernichtet alle anderen Pflanzen, also den kompletten Unterwuchs. Übrig bleibt nur der resistente Mais. - Jedenfalls so lange die Natur nicht zurückschlägt, wie das in den USA und Kanada bereits der Fall ist.

In Südamerika, Afrika und Indien sind Vergiftungen durch die Totalherbizide mittlerweile eine der häufigsten Berufs- und Arbeitskrankheiten in der Landwirtschaft, mit akuten, auch tödlichen, Vergiftungen und mit chronischen Schäden der betroffenen Bevölkerung . Dem deutschen Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft gilt Glufosinat als hinreichend gesichert fruchtschädigend, das heißt toxisch für Embryos.

Leider sind die Totalherbizide weder umwelt-, noch menschenfreundlich, wie häufig behauptet. Roundup ® (Glyphosat) und Basta® (Glufosinat), gegen das nun der Mais 1507 resistent ist, bleiben länger als erwartet in den Böden. Sie schädigen die Weichtierfauna und die Fischwelt der Wasserläufe. Sie sind nicht, wie früher behauptet, meist schnell abbaubar. Besonders dann nicht, wenn extreme Klimabedingungen herrschen.

Diese zweite, völlig anders wirkende „Eigenschaft“ der neuen Hybridmaissorte wird aber von den Fachleuten in den Pressehäusern genau so beschwiegen, oder schlichtweg wenig beachtet, wie in den TV-Leitmedien die Umwelteinwirkung der Totalherbizide unbesprochen bleibt. Von den maßgeblichen Politikern sind kaum Informationen zu erwarten, denn die basteln am Freihandel und an der Einführung der grünen Gentechnologie durch die Hintertüre. Vorweg schreitet, heimlich, still und leise, dafür aber beharrlich und geschickt, unsere Kanzlerin.

So gibt es weder eine neutrale Berichterstattung noch ein kritisches Verhalten der Öffentlichkeit, zu diesem Thema. Die Durchsetzung der Lobbyinteressen ist erst einmal gesichert, erneut ein Etappensieg für den Primat der großen, kapitalgesteuerten Agarwirtschaft erreicht!

Einzig ein kleines Berliner Blättchen widersetzt sich tapfer. Es hat den Braten längst gerochen: http://www.freitag.de/autoren/felix-werdermann/vorgeschmack-aufs-freihandelsabkommen .

Christoph Leusch

Zu Glufosinat(e):

Die deutsche Wikipedia streicht die Einschätzung des Bundesministeriums für Landwirtschaft und Ernährung und die derzeit noch gültige deutsche Gesetzeslage zum Gefahrstoff Glufosinat der Bayer AG heraus.

http://de.wikipedia.org/wiki/Glufosinat

Die englische Wikipedia enthält u.a, Hinweise dazu, wie geschickt sich dieses Resistenz-Gen in Nutzpflanzen mit der Konkurrenz Glyphosat-Resistenz ergänzt!. Wir erfahren, warum Schweden sich gegen dieses Herbizid aussprach und die EU sich anschloss.

Wir lernen, warum Deutschland in der EU so lässig-nachlässig enthaltsam war, geht es um das, mit der Einführung des Bt-Mais 1507 verbundene Herbizid in den sogenannten "Liberty Link Crops":

http://en.wikipedia.org/wiki/Glufosinate

Beide Online-Seiten sind sachlich und auf dem Stand des Wissens.

Christoph Leusch

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