Im Rahmen Biberacher Aktions- und Musikfestival (BAM) nahm ich gestern an einem kleinen, aber feinen Poetry Slam in Biberach teil, den Oki Doki moderierte. Alles war wieder super, nette Leute, aber das Wetter war unter aller Kanone. Ich hatte bereits auf der Hinfahrt Platzregen. Die Veranstaltung fand am Nachmittag im Freien statt. Da blieben quasi nur Outdoorliebhaber und lauschten unseren Worten...
Wer nun Lust und Laune hat, kann den Text nachlesen.
Hass
Jetzt spreche ich ganz offen,
setze auf Ihr Verständnis
und kann nur hoffen,
das mich einige von Ihnen verstehen.
Heute schwadroniere ich über ein Tabu,
gehöre zu einer Randgruppe dazu.
Jawoll!
Wir nennen uns DHH.
Deutschlands harmloseste Hasser -
wir sind quasi die Luser unter den Hassern.
Wir sprechen quasi aus, was andere denken.
Keiner wird von uns geschont
und wir
werden dafür meistens mit Häme belohnt.
Ich hasse,
bin Querulantin, Trotzerin,
die Contra-Tussi,
Gegnerin gegen Alles in Schland,
stehe immer am Pranger.
Mit allem - samt dickem Hintern stets noch an der dünnsten Wand
und bin unter dem Pseudonym Frau Wichtig
unter all‘ den Hassern bekannt.
Hass ist ein Urinstinkt, das kann ich mit Herzblut bestätigen.
Und doch bringe ich niemanden um,
wenn es nicht gerade ein Stechmücke ist,
die mich als ihr nächstes Opfer anfliegt.
Ich hasse Dünnbrettbohrer und Schnorrer.
Ich bin bekennende Hasserin.
Meine Mundwinkel zeichnen mich aus.
Ich hasse! Hasse! Hasse!
Jawoll! Dass musste jetzt raus.
Ich hasse Reisbrei, Haferschleim, den find‘ ich fies,
mag keine Nacktschnecken am Spieß,
Haare im Waschbecken und Ketchup-Flecken.
Ich hasse abgerissene Milchtüten-Laschen und Abführflaschen.
Ich mag keine Schweine, die vornehme Anzüge tragen
und mich nach meiner politischen Meinung fragen.
Da werde ich boshaft, zynisch und gemein.
Ich bin übrigens auch bekennende Hasserin
von dem ein oder anderen Abhörverein.
Ich hasse Menschen, die rassistisch denken
und Bücher wie Mein Krampf verschenken.
Ich hasse Ärzte,
die sich nicht an das Genfer Gelöbnis halten
und lieber wirtschaftliche Ziele anstreben,
Vermögen anhäufen und für sich verwalten.
Ich hasse Krankenhauskeime.
Jawoll!
Ich hasse Betrug!
Ich liebe viel viel mehr als ich eigentlich hasse,
also wenn ich gut drauf bin.
Ich liebe Menschlichkeit
und das Wort Freiheit.
Daran sollten sich Politiker mal ein Beispiel nehmen.
Heute geht es mir übrigens so lala (in Biberach).
Ich hasse Journalisten, die Fußballern doofe Fragen stellen.
Jawoll!
Ich mag keine Korruption und liebe Transparenz als Option.
Ich hasse negatives Chaos in höchster Perfektion.
Ich hasse falsches Mitleid von Menschen,
die mir völlig unsympathisch sind.
Jawoll!
Blinder Hass unter Sehenden ist brandgefährlich.
Und deshalb hasse ich unberechenbare Flächenbrände.
Ich hasse Monster und Hassprediger.
Ich finde Koikarpfen-Besitzer bedenklich
und Kampfhundebesitzer automatisch zu fleckmatisch.
Ich hasse 12 Grad im Hochsommer.
Manno!
Ich hasse, hasse, hasse!
(Ich hasse Regen.)
Ich hasse Ungeziefer auf Damen-Toiletten
und in Aufsichtsräten.
Ich halte absolut nichts von Trollen,
da kann ich erzürnen und unangenehm grollen.
Purer Hass entsteht für mich auf der Autobahn unter Tempo dreißig,
wenn die Sonne scheint und meine Blase inzwischen weint.
Besonders hasse ich prekäre Arbeitsverhältnisse
und inhaltslose Gespräche.
Ich hasse vor allem Vorurteile.
Ich hasse Intoleranz, Stringtangas
und politisch gewollten Firlefanz.
Jawoll!
Schönen Tag noch.
© Corina Wagner, Juli 2014
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