Liebe Freitag-Community & Freitag-Redaktion

Mehr Mut zu Freitag! ..... Warum Freitag? Was unterscheidet Freitag von anderen Wochenzeitungen oder von einem Blog mit Kommentarfunktion: die Community! Aber wie ist das mit der Community?

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

Die Community -- Lieblingskind – Stiefkind? Gleichberechtigt, beigeordnet, untergeordnet?

Freitagsfragen - am Samstag

theoretisch

Für mich ist das, was bei Freitag geschieht (theoretisch) der Journalismus der Zukunft. Leser/innen schreiben mit, Grenzen werden überwunden. Das Freitag-Projekt ist (theoretisch!) ein Beitrag zur praktischen Fortsetzung der philosophischen Aufklärung, weil es einen Beitrag zur Befreiung aus unverschuldeter Unmündigkeit leistet, weil herrschaftsfreier Diskurs gelebt wird und Menschen sich auf Augenhöhe begegnen. -- Theoretisch. Und wirklich praktisch?

wirklich praktisch

Bleibt die Praxis Theorie? Haben wir nicht indirekt doch eine mindestens zwei Klassen-Gesellschaft bei Freitag? Die Roten und die Blauen? Und auch andere Zeitungen bieten zwischenzeitlich Blogs an. Ist Freitag wirklich mehr als ein Blog mit Kommentarfunktion? Das was Freitag einzig und besonders macht ist die Community.

Community

Der Freitag könnte echt mehr, sehr viel mehr sein als der anonyme Blogger-Alltag anderswo! Er könnte das überwinden, was den Widerspruch ausmacht -- zwischen virtueller und wirklicher Welt, indem die Community mit Leben gefüllt wird.

Wird diese Chance genutzt? Ich meine nicht. Man/frau könnte wesentlich mehr aus Freitag machen! Faktisch ist es ein Blog mit Kommentarfunktion. Und auf den wenigen (viel zu wenigen) Freitagveranstaltungen dominieren die den Diskurs, welche ihn immer dominieren, die Gäste z. B. beim FreitagSalon, die ihre Bücher vorstellen, Sichtweisen erklären, sind die welche auch in den übrigen Medien (FAZ, SZ…) den Ton angeben – Mainstream, zwar linker Mainstream, aber dennoch Mainstream. Wirklicher Diskurs entsteht nicht, es bleibt bei Frage- und Antwortrunden (oft sollen bzw. dürfen die Fragen auch nicht zu lang sein) – alles verharrt in einer Hierarchie von Oben und Unten. Als Zeitungsleser/in weiß man/frau, wie eine Käsmann denkt, wie ein Lafontaine denkt usw. -- spannend wäre, wenn wirklicher Diskurs entstehen würde, wenn zudem nicht nur das Establishment vertreten wäre, sondern (wenigstens auch zur Hälfte je Abend und Veranstaltung) Menschen, deren Aussagen man/frau nicht schon aus der Wiederholungsschleife der Massenmedien bis zum Erbrechen kennt, statt dessen eben Menschen, die Ideen vorstellen, die wirklich neu sind, anders sind und nicht Mainstream sind. Der FreitagSalon, Augstein und Blome das alles sind Elite-Diskursveranstaltungen. Es braucht eine Entwicklung hin zu einem herrschaftsfreien Diskurs. Die Formate müssen überdacht werden. Die Community muss außerdem lebendig und erfahrbar werden, auch in den Formaten.

Community-Treffen

Es braucht zudem regelmäßige Treffen ca. einmal im Monat - mindestens aber zweimal im Jahr, bei denen die Community im Mittelpunkt steht, Community-Leute Ideen einbringen können. Die Community soll eine rein beratende Funktion haben, die Entscheidungsbefugnisse beleiben ja bei der Redaktion. Es muss aber doch möglich sein, dass Menschen Ideen einbringen können, es braucht Workshops, Brainstormings usw. über den virtuellen Diskurs hinaus – es braucht einen wirklichen Diskurs. Online-Kommentare reichen nicht hin, weil sie gehen leicht unter, gezielte Brainstormings hingegen sammeln Wissen, Ideen usw.

Offenheit, Teilhabe, Mitgestaltung

Ich versteh auch nicht – wozu die direktive-konfrontative Sprache? Z. B. wird viel zu wenig offen gefragt. Warum beispielsweise setzt man bei Fragen wie den Finanzsorgen nicht mit auf die Community und ihre Ideen? Zeitungen werden abgefragt. In der Community aber war es eher konfrontativ – mit dem Pay-Wallartikel Augsteins, der schon viel zu sehr in eine bestimmte Richtung dachte, eher direktiv und leicht konfrontativ war, statt offen zu fragen. Warum nicht offen die Community-Leute fragen? „Die Situation ist finanziell schwierig - Leute, habt Ihr Ideen?“ In der Community sind Menschen, die aus völlig unterschiedlichen Berufsfeldern kommen, Erfahrungen haben in NGO-Bereich, in der Politik, im Kulturbereich usw. – das ist ein Pool von hochqualifizierten Leuten, die vielleicht gerade, weil sie nicht aus dem Zeitungsumfeld stammen auch Ideen einbringen könnten, die man vielleicht, wenn man zu nah am klassischen Journalismus ist, aus Betriebsblindheit nicht sieht.

Moderation

Ich sehe eine Hauptaufgabe künftigen Journalismus in Moderationsaufgaben. Die Generation, die jetzt aufwächst, wird von Kindesbeinen an gewohnt sein online zu schreiben, sich aktiv im Internet einzubringen, geübt sein, versiert sein und professionell schreiben. Schreiben im Internet wird ein Schulfach sein, und auch in allen Studienfächern eine bedeutende Rolle spielen. Das heißt das Schreibhandwerkszeug ist nicht mehr Alleinstellungsmerkmal des professionellen Journalismus, er wird sich über diese spezifische Differenz nicht mehr definieren können. Moderation ist gefragt und wird künftigen Qualitätsjournalismus ausmachen. Es wird darum gehen gesellschaftlichen Diskurs zu moderieren, guter Journalismus wird sich daran messen, wie gut er den Diskurs zwischen verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen (Basis, NGOs, Interessensgruppen, Fachgruppen, Wissenschaft, Politik, Kultur, Bildung, Wirtschaft, zwischen den Generationen usw.) moderiert. Journalismus, der Ideen transportiert, Diskursforen schafft, wird klar im Vorteil sein – gegenüber alten und überkommenen Formen des Journalismus.

Neutralität und Offenheit

Basis einer glaubwürdigen Moderation ist die Neutralität der Moderatoren/innen. Was mir an Freitag (aus der Ferne) gefiel, war, dass er den Anschein machte Offenheit und Neutralität sei gegeben. Aus der Nähe – gibt es mir zu viele Helden/innen und Retterfiguren, die hochstilisiert werden (z. B. statt Verständigungsarbeit und statt einer Konfliktlösungsorientierung, gibt es bei Kriegsthemen oft die Gute-Seite und die Dunkle-Seite und Helden/innen und Anti-Helden/innen, das ist leider auch bei Freitag so, es ginge darum Konfliktdynamiken zu verstehen, es ginge um vermittelnde Sichten, konfliktlösungsorientierte Ansätze, Versöhnungsbeiträge), es gibt mir auch bei Freitag zu viel die Guten und die Bösen, zu viel Schwarz und Weiß und zu wenig Diskurs und Vermittlung und Verständigung.

Spannend fand ich (aus der Ferne) die Aussage: „Im Zweifel links“, weil diese Aussage Dogmen und Ideologien negiert, kritischen Diskurs, Dialektik will. Auch das Format Augstein und Blome versprach das, aber es wirkt im Moment alles eher wie Don Camillo und Don Camillo – ein kapitalistisches Fachgespräch. Wo ist Peppone? Jakob Augstein, in meinen Augen einst sehr visionär, versteift sich derzeit auf Werbeslogans für die soziale Marktwirtschaft – und wirkt auf mich nicht nur nicht mehr im Zweifel links, sondern überhaupt nicht mehr links. Das ist schade. Er stellte neulich ja schon selbst die Frage, ob er jetzt auch schon so ausschaugt, wie ein Versicherungsagent? Antwort: Viel fehlt nimma, wenn es so weiter geht! Ich erwarte von einem, der ein Projekt wie Freitag macht, dass er offen ist! Sonst kann er gleich einer Interessensgemeinschaft für Soziale Marktwirtschaft beitreten, dazu braucht es echt nicht den Freitag, gibt es, weiß Gott, genug Lobbyvereine! Augstein soll bitte wieder visionär und idealistisch werden. Der Freitag soll Freitag bleiben können und eine ideologiefreie offene Plattform für herrschaftsfreien Diskurs bilden!

Jagd nervt! KEIN Steinzeit-Journalismus mit der Keule!

Mehr Mut zu wirklich kritischem Journalismus = mehr Diskurs-Journalismus, bitte!

Auch die ganzen Personaliendebatten, das Menschen jagen, find ich, einmal davon abgesehen, dass es nicht sehr ethisch ist, auch nicht zeitgemäß. Repräsentative Politik ist von vorgestern, altbacken, überholt, ein Anachronismus. Ich glaube, dass in naher Zukunft unmittelbare und direkte Demokratie die Hauptrolle spielen werden, ob das den Oberen passt oder nicht, die Entwicklungen werden dahin gehen, weil die Gesellschaft im Umbruch ist, nicht zuletzt auch wegen des Internets, vor allem aber wegen der Aufgaben des 21. Jahrhunderts, die Probleme (Naturzerstörung, Kriege, rasend beschleunigter technologischer Wandel, v. a. mit Blick auf die Biotechnologien, und BioComputer-Technologien) sind so tiefgreifend, dass die Gesellschaften es sich gar nicht leisten können werden, weiterhin elitär zu verfahren.

Es werden dringend alle klugen Köpfe gebraucht, die Beiträge leisten können, unsere Natur zu retten - und alle Herzen für den Frieden. Jede/r ist wichtig mit seiner bzw. ihrer Gabe und mit dem, was er/sie beitragen kann. Es braucht konstruktive Wege -- weg von Ausbeutung (von Natur und Mensch) und hin zu einem Miteinander. Die künftigen Konflikte und kriegerischen Auseinandersetzungen werden sonst, um Verteilungsfragen (Wasser, Ressourcen, Teilhabegerechtigkeit (auch Immaterielles wie Bildung, Kultur spielt hier eine große Rolle)) etc. gehen, jede Politik, die die Basis nicht einbindet, wird scheitern. Die Eliten handeln unethisch und schneiden sich zudem ins eigene Fleisch, wenn sie die Basis exkludieren, weil die Kinder und Menschen auf der Straßen in den Slums der Meltingpots der Megacitys, die klugen Köpfe sind, die gerade für eine rettende Idee mit Blick auf Klima, Naturschutz, Frieden dringend gebraucht werden. Klassengesellschaften sind nicht nur unethisch, sondern selbstmörderisch für die Gesellschaften. Talente (und jede/r Mensch hat eine Gabe, die ihn/sie für die Gesellschaft wichtig und unersetzlich macht) müssen gefördert werden. Es braucht Bildung, Bildung, Bildung, Bildung, Bildung, Bildung und der Fokus muss von der Wirtschaft weg, hin auf die Aufgaben des 21. Jahrhunderts, damit diese Bildung auch zum Wohle der Menschheit wirken kann. Alle werden gebraucht, sonst schaffen wir es nicht!

Verantwortung der Medien

Die Medien dürfen den repräsentativen „Quatsch“ (Gabriel) der Klassengesellschaften und Scheindemokratien nicht auch noch mitmachen! Es liegt in der Verantwortung der Medien in ihrem Zuständigkeitsbereich unmittelbare Demokratie und Basisdemokratie im gesellschaftlichen Diskurs anzufangen. Es geht darum, Diskursprozesse zu gestalten, es geht darum, dass alle ihr Wissen und ihre Gaben in die Gesellschaft einbringen können. Es geht um Verständigung, um Vermittlung. Das ist eine Frage des Friedens.

Schöne Grüße auch

Daniela Waldmann

ps Kästchen zum Ankreuzen mit vorgegebenen Antworten (und Antwortkonserven – trifft zu, weniger zu, gar nicht zu… usw. -- und Standard-Marketingstudien (mit einer einzigen offenen MiniFrage am Schluss) sind nicht der Weg - ist AntiDiskurs, aber kein Diskurs. Was wollen Sie hören, das was Sie an Antworten in Formblättern vorgeben zum Ankreuzen – oder geht es Ihnen wirklich um die Community – und was die Community wirklich, wirklich denkt?! Ganz ehrlich, warum setzt sich die Redaktion nicht einfach mit den Leuten der Community an einen Tisch und fragt die Menschen selbst – Gespräche heißt dieses Ding (ehe alles standardisiert und digitalisiert wurde, Menschen zu Kisten, Typen wurden), eigentlich müsste, wenn das Community-Projekt mehr als eine Floskel werden soll, die gesamte Redaktion sich nach Freitag-Veranstaltungen mit den Leuten an einen Tisch setzen, fragen, sprechen usw. Und auch sonst müssten regelmäßige Treffen stattfinden. Einmal davon abgesehen, dass das auch der Sozialstruktur von Freitag gut täte und demokratischer wäre.

Mut zu Demokratie!

Weniger kapitalistisches Vehikel! Und mehr Mut zu Demokratie, mehr Mut zu Idealismus. An der Community liegt es nicht, wir schreiben alle nachts und aus purem Idealismus. Freitag und Jakob Augstein wirkten am Anfang auch sehr idealistisch, immerhin hat da ein Mensch, der es nicht müsste, sich für eine kleine Zeitung entschieden und für ein idealistisches Projekt. Aber warum dann immer wieder das kapitalistische Vehikel-Monster rausholen!? Gönnen Sie doch bitte sich, Freitag und der Freitag-Community genau den Idealismus, der den Freitag so besonders macht und lassen Sie den Freitag dadurch strahlen!

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden