Lanz: Warum die großen Medien versagt haben

Kritik Die Talkshow von Markus Lanz am 19.03.2013 ist allen großen Medien durchgerutscht. Der Eklat besteht nun darin, dass es keinen gab

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Ich habe mir am vergangenen Dienstag vorgenommen die Lanz-Sendung zu sehen vor allem wegen Marina Weisband. Ich war gespannt, ob nach der ernüchternden Lektüre von "Wir nennen es Politik" meine These zuträfe, dass sie besser spricht, als sie schreibt.

Dieser Plan hat sich schnell zerschlagen. Der ZDF-Dreiteiler "Unsere Mütter, Unsere Väter" hat die Sendung an diesem Tag dominiert. Vor allem eine Person konnte sich profilieren: Arnulf Baring. Soweit ist das inzwischen bekannt.

Als ich am darauffolgenden Tag die Sendung in der Mediathek noch einmal betrachtet habe, setzte ich einen Tweet auf Twitter ab:

"Arnulf konnte gestern bei larmoyant rechtskonservative Ansichten vertreten. Kein Widerstand von der Celebrity-Society"

Je länger ich auf den Tweet starrte, desto mehr beschlich mich das Gefühl, das ist doch so starker Tobak, so unwidersprochen harte Thesen, dazu muss etwas geschrieben werden.

Auf Twitter erreichte mich inzwischen ein Tweet der Emma-Redaktion, die auf einen Blogbeitrag von Alice Schwarzer hingewiesen hat. Sie nahm vor allem das brüske Verhalten von Baring und Lanz gegenüber Marina Weisband vor, die sich verweigert hat, ihre jüdische Familiengesichte von Markus Lanz ausschlachten zu lassen.

Zurück zu meinem Vorhaben. Barings dargelegte Thesen erinnerten mich an eine Person, einen ehemaligen Bundestagsabgeordneten, der vor zehn Jahren eine Rede zum Tag der Deutschen Einheit gehalten hat. Diese Rede hatte es so in sich, dass der Mann seitdem jeder Publikation, ob nun FAZ oder Einzelblogger, Unterlassungserklärungen samt hoher Abmahngebühren zusendet, sobald er sich falsch wiedergegeben fühlt.

Auch mein noch zu schreibender Blogbeitrag fiel dieser lukrativen Abmahnindustrie zum Opfer. Wer hätte gedacht, dass aus einer Skandalrede mal ein einträgliches Geschäftsmodell erwachsen würde.

Letztlich stand ich vor der Frage, ob ich sehr ausführlich über die Lanz-Sendung schreiben oder mich auf einen Teilaspekt "Barings unwidersprochene Thesen" konzentrieren sollte. Ich entschied mich für die letzte Variante. Ich wollte vor allem den großen Medien noch zuvor kommen. Es verwunderte mich dennoch, dass in den großen Medien keine einzige sogenannte "Frühkritik" die Sendung von Markus Lanz aufgegriffen hat.

Die Sorge, die großen Medien würden noch vor meiner Veröffentlichung breit darüber berichten, war jedoch vollkommen unbegründet. Denn es geschah nichts. Am 20. März standen zwei Blogbeiträge online, die sich über zwei Nebensätze hinaus mit dieser Sendung auseinandergesetzt haben.

Sieben lange Tage rauschte es im Medienblätterwald bis am 26. März die Publikative einen umfassenden Blogbeitrag zur Markus Lanz-Sendung ins Netz gestellt hat. Dieser Beitrag wurde bis dato 17000 mal geklickt. Spiegel Online hat heute morgen ausführlich auf den Beitrag verwiesen.

Nun ist diese Sendung den großen Medien durch die Bank durchgerutscht. Im Internet vor allem in den sozialen Medien reißt die Kritik an der Lanz-Sendung dennoch nicht ab. Vielleicht wollte man das Thema nun aussitzen. Die Sendung der medialen Vergänglichkeit überantworten.

So leicht sollten sich die Medien das allerdings nicht machen. Es ist noch nicht zu spät, eine breite Diskussion zu führen und vielleicht auch konkret in den Fokus zu rücken, warum 2003 der Skandal so groß war und 2013 solche Thesen im öffentlichen-rechtlichen Fernsehen nur noch durchrauschen.

Wenn sich aber das ZDF zum anstehenden 50. Geburtstag die Stimmung nicht vermiesen lassen möchte, kann man nur hoffen, dass der Druck aus dem Internet noch zunimmt.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Daniel Martienssen

Enttarnung durch Analyse: ein privates Blog zu Demokratie und Rechtsstaat, Soziales und ein bisschen Kultur.

Daniel Martienssen

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