Loslassen

Psychologie Verstand und Ethik

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Ich habe nun das E-Buch 'A Tree in a Forest' gelesen, eine lesenswerte Sammlung von Gleichnissen zum Buddhismus (auf Englisch) aus den Lehren von Ajahn Chah, der in der thailändischen Waldmönchstradition lebte.

Im Vorwort (Seite v) steht zu seiner Lehre:

"The essence of his teaching was rather simple: be mindful, don't hang on to anything, let go and surrender to the way things are."

Ich übersetze: "Der Kern seiner Lehre war ziemlich einfach: sei achtsam, klammere dich an nichts, lass los und füge dich in die Art und Weise, wie Dinge sind."

Das Loslassen ist auch im Dao-De-Jing wichtig, unter anderem im Kapital 48:

Praktiziere das Lernen: tägliche Anhäufung,
praktiziere das Dào: tägliches Loslassen.
Loslassen und wieder loslassen:
so gelange zum nicht-eingreifenden Handeln;
nicht-eingreifendes Handeln – doch bleibt nichts unerledigt.

Gewinne die Welt stets durch Nicht-Geschäftigkeit;
zu erlangen sie mittels Geschäftigkeit
ist nicht genug zur Eroberung der Welt.

Auch im Thomas-Evangelium heißt es im Logion 27:

"Jesus sprach: Wenn ihr nicht fastet gegenüber der Welt, werdet ihr das Königreich nicht finden; wenn ihr nicht die (ganze) Woche zum Sabbat macht, werdet ihr den Vater nicht sehen."

Wenn man sich in die real existierende Welt der Menschen geschäftig einspreizt, dann macht man sich letztendlich nur kaputt. Es ist keine temporäre Krise mehr bei mir, wie es nach meinem Blog-Artikel 'Weltflucht' verstanden werden kann. Es ist inzwischen eine dauerhafte Erkenntnis.

Bleibt einem als Mensch mit Verstand und Ethik letztendlich noch anderes für seinen Geistesfrieden übrig, als sich in die Einschicht — Klöster, Berge, Wüsten, Wälder — zurückzuziehen, wie es viele Menschen über die Jahrtausende getan haben?

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Red Bavarian

Die Vergangenheit analysieren, die Gegenwart gestalten, die Zukunft erdenken.

Red Bavarian

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