Pickel. Jana HenselEErwachsene Breaking News: Immer mehr Menschen über 25 Jahre leiden unter unreiner Haut, wie Dermatologen wohl schon seit Längerem beobachten. Meist sind von dieser sogenannten Akne tarda oder auch postpubertärer Akne oder auch schlicht Frauen-Akne Frauen betroffen, die damit in ihrer Jugend keine Probleme hatten. Ging man früher von ungefähr fünf Prozent Betroffener aus, spricht man heute von 15 Prozent. (Wie ist eigentlich die weibliche Form von Betroffene?) Aber wie man diesen armen Frauen helfen kann, weiß leider noch immer kaum einer. Seit 20 Jahren hat die Forschung dazu nichts wirklich Neues mehr herausgefunden, gleichwohl man heute viel besser als früher weiß, wie Akne entsteht. Aber das hier zu referieren, ist zu kompliziert, es hat natürlich mit der Ernährung und wohl auch mit dem Rauchen zu tun, Hormone, aber auch die sogenannten Haarfette spielen eine Rolle. Wir bleiben dran. JaHHHausmittel Ob Knoblauch, Kaffee oder Zahnpasta: Das Netz wimmelt vor selbst ernannten Dermatologen, die Hausmittel zur Pickel-Bekämpfung zweckentfremden. Dabei gibt es offenbar so gut wie nichts, das sich Leidende nicht ins Gesicht schmieren sollen. Auf hausmittelgegenpickel.org können Betroffene alle möglichen und unmöglichen Maßnahmen nachlesen. So empfiehlt die Website zum Beispiel, Akne mit Eigenurin zu therapieren. Einfach auftragen, 15 Minuten einwirken lassen – et voilà! Aber was, wenn man nun findet, dass Urin schlimmer stinkt, als ein Pickel aussieht? Dann hilft wohl auch Teebaumöl oder Aloe Vera.Trotzdem liegt die Vermutung nahe, dass die Macher der Website mehr Schadenfreude als Sachkunde antreibt. Tatsächlich sei die Pickel-Behandlung durch Eigenurin nämlich nicht nur zwecklos, sondern für die Haut sogar eher schädlich, kommentiert der Dermatologe Martin Metz von der Charité Berlin. Wer unbedingt auf Hausmittel besteht, solle deshalb besser auf Schwarztee-Umschläge zurückgreifen: „Die können wirklich helfen, weil ihre Gerbstoffe die Pickel austrocknen.“ Das Beste daran: Anders als das Hausmittel Eigenurin kostet die Tee-Anwendung nicht einmal das Selbstwertgefühl. Lina VerschweleLLiedgut Pop und Pickel vertragen sich nicht besonders. Pubertierende sind eine wichtige Käuferschicht, die will nicht an die eigenen Makel erinnert werden. Anders ist nicht zu erklären, dass entsprechendes Liedgut eher spärlich ist. Andererseits: ,,Von Pommes kriegt man Pickel“, hat mal Helge Schneider gesungen. Die Punker von Roh riefen: „Pickel durch Oralverkehr“. Das Lied erschien auf der CD „Was viele nicht zu singen wagten“. Die Crackers prägten nicht nur den Begriff „Turnschuhgeneration“, sondern besangen 1983 auch „Pickel am Fuß“. Und Vicki Vomit lästerte über eine „Frau Akne“ im Refrain: „Ohhhhhohhho Jeanette hat Pickel/ Vom Scheitel bis zum Zwickel.“ Das klingt dann doch ziemlich pubertär. So kann man eigentlich auch gleich zu einem Zeltlagerlied greifen. Das könnte dann Folgendes sein: „Es war einmal ein Karnickel/ das hatte am Po einen Pickel.“ Ist aber nur ein Vorschlag. Tobias PrüwerMMixed Pickles Intuitiv übersetzt mag das hierzulande Verwirrung auslösen. Im Englischen haben die „pickles“ freilich nichts mit Pusteln zu tun, sondern schlicht mit Essiggurken. Es kann also Entwarnung gegeben werden, es besteht kein Grund zum Unwohlsein. Der deutsche Pickel heißt auf Englisch übrigens recht anschaulich „pimple“. Oder „zit“, was wiederum ernsthaft für Verwirrung sorgen kann. Denn wendet man auch hier Schulenglisch-Kenntnisse an, übersetzt man „picklig“ schnell mit zitty und fragt sich, warum ein Berliner Stadtmagazin sich so komisch nennt. Weniger starke Irritationen dürfte es da mit Französisch geben. „Bouton“ heißt zwar auch Knopf, da lässt sich aber leichter ein Zusammenhang zu den englischen Essiggurken herstellen. Kurzum: Ziemlich mixed up, das alles. Benjamin KnödlerNNerds Mit reiner Haut sind sie eigentlich nicht vorstellbar oder das Klischee von ihnen: Als blasse, pickelige Jungmenschen, die halbgenial durch die digitale Welt steuern, erblickten die Nerds in den Neunzigern das Licht der Welt. Dabei tauchte der Phänotyp bereits dann und wann seit den Fünfzigern auf, man denke nur an den urbanen Neurotiker Woody Allen. Die dicke Hornbrille musste immer schon sein, die Computeraffinität kam später hinzu. Da passte die unreine Haut einfach prima ins Bild der Pizza fressenden Entertaste. Eher den Gadgets als den Girls gilt das Nerd-Interesse, soziale Kommunikation findet maschinenvermittelt statt. Und die wenigen Partys, die ein Nerd in seinem Leben besucht, sind in Wahrheit WLAN-Partys. So lange, bis man wie Bill Gates, selbst welche gibt. TPPPubertät Eigentlich ein schönes Thema, je länger diese Zeit zurückliegt wahrscheinlich umso mehr. Spätestens mit 25 kann man schon mal von einer Art Pubertätsnostalgie befallen werden. Pickel geraten dann in Vergessenheit, stattdessen werden Romane geschrieben. Die Verwirrungen des Zöglings Törleß von Robert Musil fällt einem dazu ein, Unterm Rad von Hermann Hesse auch, und Der Fänger im Roggen von J. D. Salinger. Springt man in die Gegenwart, müssen natürlich Clemens Meyers Als wir träumten und Axolotl Roadkill von Helene Hegemann genannt werden. Will man die Gruppe Ersterer mit den beiden letztgenannten vergleichen, kann man sagen, dass die Bewegungen sich grundlegend verschoben haben. Entfloh man früher einer zu engen Umgebung und begehrte auf, so sind die Helden von Meyer oder Hegemann eher auf der Suche nach Autoritäten, Grenzen oder Konventionen. Sie sehnen sich nach Enge und einer irgendwie sinnvollen Handlungsanweisung. Verständlich. JaHRRampenlicht Akne ist nicht selten. Daher nimmt es nicht wunder, dass es auch eine Reihe von Prominenten mit Aknenarben gibt: Guido Westerwelle, der Schauspieler Jürgen Prochnow, Sänger Brian Adams oder der Fußballer Christian Ziege. Komischerweise fallen einem nur Männer ein. Bei Ziege führte sein Aussehen mitunter zu unschönen Fangesängen. Trotzdem sind diese Spuren für diese Leute zu einer Art Markenzeichen geworden. Das ist irgendwie interessant, auch deshalb, weil häufig viel Aufwand investiert wird, um Pickel oder Aknenarben zu verbergen. Die Folge davon sind dann reihenweise Fotostrecken in den bunten Blättern, die, natürlich sehr investigativ, die Pickel der Stars, nun ja, wieder aufdecken und diese so wieder zu Menschen mit ganz normalen Problemen machen wollen. Davon sind dann meist allerdings Frauen betroffen. Man könnte also, wenn man all diese Phänomene mal zusammennimmt, sagen: Männer mit Pickeln sind anscheinend okayer als Frauen mit Pickeln. BKSStahlhelm Platziert ein Gebärdensprecher den Zeigefinger ausgestreckt über der Stirn, bedeutet das deutsch oder Polizei. Die Pickelhaube, an die das Zeichen erinnert, hat also noch immer nicht ausgedient. Seit der Fußball-WM 2006 ist sie auch symbolträchtiger Fanartikel. Der Hut mit Blitzableiter, wie Heinrich Heine schrieb, wurde 1842 in der preußischen Armee eingeführt. Später trugen sogar Bayern den Kopfputz, denn der Pickel hatte einen praktischen Nutzen. Im damals noch üblichen Nahkampf lenkte die Spitze Schläge mit dem Gewehrkolben oder Säbel ab. In den Schützengräben des Ersten Weltkrieges machte dieser Signalhelm die Soldaten zum leichten Ziel und konnte modernen Schusswaffen nicht standhalten. Also wurde 1916 der Stahlhelm verordnet, die Pickelhaube wurde zum bloßen Symbol. Ihr heute bekanntester Träger: Snaggletooth, das Maskottchen der Hard-Rocker Motörhead. TPTTutorials Bei akutem Pickelbefall gibt es eigentlich nichts Fernliegenderes, als ein Video von sich selbst bei Youtube online zu stellen. Sollte man glauben. Früher traute man sich damit ja auch nicht einfach so aus dem Haus oder auf den Marktplatz. Mehr Öffentlichkeit als Youtube geht ja nicht, und dann noch die Kommentare. Trotzdem gibt es eine Reihe von Videos, die zeigen, wie man was mithilfe von Make-up verbergen kann. Bekanntestes Beispiel ist das amerikanische Model Cassandra Bankson. Sie, die erst im Jahr 1992, also lange nach der Erfindung des Internets, geboren wurde, wollte damit auch anderen jungen Menschen mit den gleichen Problemen helfen. Und so schminkte sie sich in ihrem Video nicht nur, sondern erzählte ganz offen von ihrer Unsicherheit und ihren Problemen. Ihre Videos sind ein Hit, das erfolgreichste wurde über 22 Millionen Mal angeklickt, sie wanderte von einer Talkshow zur anderen. Und die Kommentare? Sehr freundlich, sehr dankbar. TKZZappa Der exzentrische Musiker ist nun zum Namensgeber für das gerade entdeckte Akne-Bakterium Propionibacterium acnes type Zappae geworden. Ist das lustig? Die beiden italienischen Forscher begründeten die Namenswahl jedenfalls damit, dass die Entdeckung eines menschlichen Bakteriums auf einem Weinstock ebenso unvorhersehbar gewesen sei wie Frank Zappas schräge Kompositionen. Vermutlich lag es aber eher daran, dass sie bei ihrer Entdeckung gerade Zappa hörten. Nach Zappa, der 1993 verstarb, sind übrigens bereits ein Weichtier, ein Fisch, Quallen und Spinnen benannt.Forscher geben neu entdeckten Arten gerne prominente Namen. Sie wollen damit Aufmerksamkeit für ihre Arbeit erzeugen. Ein Laufkäfer mit bizepsartigen Gliedmaßen: Agra schwarzeneggeri. Nach David Bowie und Loriot heißen Spinnenarten. Darth Vader: eine Hornmilbe, eine Grabwespe und ein Käfer. So eine Namensgebung kann auch ein politisches Statement sein: Eine Bremsenart wurde nach der Sängerin Beyoncé benannt und drei Arten von Schwammkugelkäfern nach George W. Bush, Dick Cheney und Donald Rumsfeld. Die Forscher behaupteten, sie wollten damit deren Anstrengung würdigen, Demokratie in weiten Teilen der Welt zu säen. Und wählten Käfer, die sich von Schleim- und Schimmelpilzen ernähren. Andrea Wierich