Ausweg

Nahost Eine amerikanisch-europäische UN-Schutztruppe

Die gewaltsamen Auseinandersetzungen der vergangenen Wochen seien die "Fortsetzung von 1948", hat Ariel Sharon unlängst erklärt: Was das heißt, dürfte jedem klar sein. Israel sieht im Widerstand der Palästinenser nichts anderes als "Terror" - eine Sicht, die mit dem sinnlosen Anschlag in Tel Aviv wieder einmal bestätigt wurde.

Israel hat es bisher nach dem Motto "Beschuldige das Opfer" immer wieder geschafft, die Palästinenser für die Gewalt im Nahen Osten verantwortlich zu machen. Eine Deutung, die sich durch das unverantwortliche Verhalten radikalislamischer Gruppen geradezu aufdrängt. Doch dass sich die Unterdrückten gegen das brutale israelische Besatzungsregime zur Wehr setzen, ist sowohl natur- als auch völkerrechtlich legitim. Nicht hinnehmbar dagegen sind willkürliche Terroranschläge. Die Ursache der Gewalt aber liegt nicht in der Natur der Palästinenser begründet - auch wenn Israels Staatspräsident Moshe Katsav diese zu Wesen von "einer anderen Milchstraße" erklärt hat -, sondern in deren fortgesetzter Entrechtung und Demütigung.

Ohne Zweifel wäre den Palästinensern mit einem gewaltfreien Widerstand mehr geholfen, haben sie doch dank der Terroranschläge letzte Sympathien im Westen verspielt. Da gerät dann schnell in Vergessenheit, welche Fakten dieser "Friedensprozess" eigentlich geschaffen hat: Die Westbank ist in A-, B- und C-Zonen eingeteilt. 60 Prozent des Landes wurden von Israel zu "Staatsland" erklärt - die angebliche Rückgabe von 95 Prozent ist ein Mythos. Den winzigen Gaza-Streifen haben die Israelis in ein Hochsicherheitsgefängnis mit Mittelmeerblick verwandelt, 6.000 Siedlern 40 Prozent des Landes überlassen. Die Westbank wurde mit einem separaten Straßensystem überzogen, damit die Siedler die "barbarischen" Ureinwohner nicht mehr sehen müssen. 30 neue Siedlungen entstanden und die Zahl ihrer Bewohner verdoppelte sich. Dagegen stehen: 1.300 zerstörte palästinensische Häuser und permanent abgetrennte Gebiete, deren Bewohnern die Lebensgrundlage entzogen, das Wasser gestohlen sowie ihre Landschaft und Umwelt verwüstet wird. Und als die Menschen dies alles nicht hinnehmen wollten, setzte Israel zu guter Letzt Panzer, Kampfhubschrauber und F-16 Kampfbomber ein, um Arafat in die Knie zu zwingen und den Aufstand niederzuschlagen. Doch eine Kapitulation Arafats hätten nicht die Israelis, sondern die islamischen Terroristen bewirkt.

Nun hat Außenminister Fischer Arafat bei seinem Besuch in Ramallah ultimativ aufgefordert, gegen die Gewalt in seinem Inselreich vorzugehen. Der PLO-Chef scheint verstanden zu haben. Wenn er jetzt nicht gegen gewaltbereite Gruppen vorgeht, wird ihm der Westen die schützende Hand entziehen, denn Arafat wird nur solange gebraucht, wie er die israelisch-amerikanischen Regeln des "Friedensprozesses" einhält.

Gibt es einen Ausweg? Von den Vorschlägen der Mitchell-Kommission sind keine Wunder zu erhoffen. Um die Lage zu beruhigen, müssten die USA zusammen mit der EU eine bewaffnete Schutztruppe unter UN-Kommando aufstellen, der eine Kontrolle der Grenzen zum Gaza-Streifen und zur Westbank obläge, um den Abzug der israelischen Besatzungstruppen zu ermöglichen. So könnte ein wesentlicher Teil der UN-Resolution 242 umgesetzt werden, die Israel zum Rückzug aus den besetzten Gebieten auffordert - die einzige Lösung des Konflikts.

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