In der Hauptrolle: Melissa McCarthy. In Nebenrollen: Jude Law, Jason Statham und Rose Byrne. Wenn man das liest und dann noch weiß, dass es sich um einen Agentenfilm handelt, ergibt sich die Genrezuordnung von selbst. Es kann nur eine Komödie sein. Das ist Paul Feigs Spy (im deutschen Verleih ergänzt um die Erklärung: Susan Cooper undercover) in der Tat; und das ist einerseits traurig, denn wie schön wäre es, ein großer Hollywoodfilm zöge eine Frau wie Melissa McCarthy ernsthaft als Heldin eines Spionagethrillers in Betracht, sähe also diesen übergewichtigen Körper nicht als etwas, das im Kontrast zum handelsüblichen Schönheitsideal unweigerlich komische Effekte erzeugt, sondern als einen wie andere, in denen Frauen Heldentat
enen Frauen Heldentaten vollbringen.Andererseits muss man ja froh sein. Lange genug galten Frauen, auch im Umkreis der Komödienfamilie von Judd Apatow, zu der Feig auch gehört, nicht als hauptrollentauglich. Mit diesem Vorurteil haben Feigs Kassenerfolge Bridesmaids (2011, deutsch: Brautalarm) und The Heat (2013, Taffe Mädels) zum Glück aufgeräumt. Für nächstes Jahr ist bereits Feigs weibliche Ghostbusters-Version mit McCarthy und Kristen Wiig avisiert. Fraglos ist Melissa McCarthy trotz ein paar Flops zwischendurch jetzt ein Star und spielt und flucht hier Statham und Law mit Genuss an die Wand. Auch die schöne Rose Byrne als Schurkin ist in ihren Möglichkeiten als straight woman zu McCarthys von der Leine gelassenem Schandmaul stark limitiert.Dabei ist Susan Cooper (McCarthy) zunächst nur eine CIA-Schreibtischagentin, die als Knopf im Ohr Bradley Fine (Jude Law) ihre überwachungsgestützten Tipps und Anweisungen gibt. Fine ist derjenige, der sich in Bond-Manier durch die Reihen der internationalen Verbrecherschaft schießt, prügelt und im Fall Rayna Boyanovs (Rose Byrne) schließlich auch schläft. Rayna ist die Letzte, die nach dem etwas unglücklichen Ende ihres Vaters den Standort der Bombe noch kennt. Die Bombe ist der natürlich irrelevante, das bisschen Handlung vorantreibende MacGuffin, an weiterem komödiantisch gewendetem Agentenfilmpersonal sind außerdem noch ein schmierig-finsterer und ein dauererigiert-amouröser Italiener an Bord. Mit ihnen bekommt es Susan Cooper dann doch noch sehr persönlich, ja handgreiflich zu tun. Weil man in ihr sicher keine Spionin vermutet, wird sie auf eigenes heftiges Drängen von CIA-Deputy-Chief Elaine Crocker (Allison Janney) zur Agentin im Feld promoviert.Von den Klischees, die aus den Tarnidentitäten sprechen, muss sich Cooper dann eigenhändig befreien. Aus der eingeschüchterten dauergewellten Katzenfanatikerin in rosa Joppe wird dennoch recht bald eine Schimpfkanonaden- und Schießgewehrvirtuosin im nicht so kleinen Schwarzen. Weil nicht er, sondern Kollegin Cooper in den Kampf geschickt wird, ist der leider hirnlose, aber umso selbstbewusstere Rick Ford (Jason Statham) so sehr gekränkt, dass er einerseits der CIA kündigt, andererseits aber auf eigene Faust weitermacht, als Privatagent sozusagen – und ganz bestimmt als Kraft, die Gutes will und Chaos schafft. Statham ist in schöner Umkehrung seiner sonstigen Rollen die Witzfigur, als die Agentin Cooper als Heldin eigenen Rechts recht bald nicht mehr taugt.Man wird nicht sagen können, dass Paul Feig das Agentengenre sonderlich ernst nimmt; was nicht heißt, dass er es nicht in- und auswendig kennt und auch kennen muss, um an den richtigen Stellen die halben Schritte zu tun, die er von Bond und Konsorten weg und zur Agentenkomödie hin tun will und kann. Zu den rasch wechselnden Schauplätzen – Paris, Rom, Budapest – hat er dasselbe Schauwertverhältnis wie das Vorbild; sie treten hier auf als Klischees, aber schöne Klischees, ihrer selbst. Zum anderen sind auch die Actionsequenzen, von denen es nicht wenige gibt, mit einigem Gusto inszeniert, etwa eine Verfolgungsjagd per Motorrad, die allerdings auf komische Weise gleich zweimal ausgebremst wird.Ein humanistischer CoupIn Szenen wie diesen nähert sich der Film den Zucker-Abrahams-Zucker-Genre-Dekonstruktionen im Stil der Nackten Kanone. Im Grunde will Feig die einschlägigen Motive nicht in die Luft jagen, sondern durchaus liebevoll in ein anderes, komisches Licht stellen. Es geht Spy nicht um die Parodie eines Genres, dem in den ernst genug gemeinten Varianten immer nur ein Weniges zur Selbstparodie fehlt. Eher nutzt Feig die Möglichkeiten, die die Formeln des Agentenfilms bieten, um mit ihnen freundlich Schindluder zu treiben.Darum schmuggelt er eine Figur wie Susan Cooper in einen Zusammenhang, in dem sie zunächst wie ein Fremdkörper scheint. Der so humanistische wie genrefreundliche Coup besteht dann aber darin, dass das weder auf ihre Kosten noch auf die des Genres an sich geht. Feig erstattet dem Agentenfilm stattdessen die Würde des Kinderspiels, das er eigentlich ist, zugleich grob und heiter zurück. Und nicht zuletzt gelingt es dem Film, das misogyne fat shaming, das ins tumbe Lachen über einen Körper wie den von Susan Cooper eingebaut ist, zu thematisieren und in die Ecke zu stellen.Placeholder infobox-1