Das große Flattern

Griechenland Ohne den IWF im Boot wollte Angela Merkel kein drittes Hilfsprogramm für Athen genehmigen. Der Währungsfonds offenbart nun einen keineswegs überraschenden Eigensinn
Ausgabe 32/2015
Am Boden: Am 3. August hat die Börse in Athen wiedereröffnet
Am Boden: Am 3. August hat die Börse in Athen wiedereröffnet

Foto: Aris Messinis/AFP/Getty Images

Niemals kann Griechenland eine Schuldenlast von absehbar 200 Prozent der Jahreswirtschaftsleistung tragen, schon gar nicht nach den seit 2010 von der Troika verordneten Aderlässen. So hört der Internationale Währungsfonds (IWF) auf den Rat seiner Ökonomen und besteht auf einem Schuldenschnitt.

Das ist pikant, immerhin hat Angela Merkel den IWF ins Boot geholt. Die Sparkommissare aus Washington sollten schlaffen Europäern auf die Finger schauen. Ohne den IWF kein drittes Hilfsprogramm für Athen, sagt Merkel. Nur leider spielt der IWF nicht mehr so mit, wie die Kanzlerin das wünscht. Er will nur dann Verhandlungspartner bleiben, sollten sich die übrigen Gläubiger beim Thema Schuldenschnitt bewegen. Das hieße, entweder Schuldenerlass um 50 Prozent (und mehr) oder Moratorium, um die Verbindlichkeiten für 25 Jahre oder länger einzufrieren, bis die griechische Wirtschaft so weit erholt ist, dass sie Zins und Tilgung schultern kann.

Woher kommt der Sinneswandel beim IWF? Man wusste es von Anfang an besser und hätte sich niemals auf die deutschen Spardogmen einlassen dürfen. Der IWF wusste seit den 90er Jahren, dass eine Schulden- oder Haftungsübernahme durch Dritte schnell und gründlich über die Bühne gehen muss. Genau das Gegenteil von dem, was im Fall Griechenland passiert ist. Auch begriff der IWF bereits in den 80erJahren, was herauskommt, wenn man privaten Banken Schrottpapiere abkauft, um sie vor Verlust zu bewahren: nichts außer der Verwandlung fauler privater in faule öffentliche Kredite. Schließlich konnte der IWF in jener Zeit gleichsam antizipieren, dass strikte Austeritätspolitik in einer Abwärtsspirale endet. So klar wie im Fall Griechenland vollzog sich das bis dahin freilich noch nie.

Folglich müsste der IWF sich selbst verleugnen, wollte er beim Tauziehen um Griechenland weiter so mitwirken wie gehabt. Seine Gesandten gehen auf Distanz und halten einen Ausstieg für denkbar. Das will Angela Merkel partout vermeiden und auf keinen Fall ohne den IWF vorgehen. Bleibt sie stur, ist ein Scheitern der jetzigen Verhandlungsrunde denkbar und der deutsche Finanzminister bekäme doch noch seinen Grexit. Ohne Eingreifen der EU-Kommission, Frankreichs und Italiens wird der schwerlich aufzuhalten sein. Immerhin hat Athen Ende der Woche 186 Millionen Euro fristgerecht an den Internationalen Währungsfonds (IWF) zurückgezahlt.

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