Das Massaker von Mazar

Dokumentation Aus dem Film des irischen Regisseurs Jamie Doran

Nach der Schlacht um die nordafghanische Stadt Mazar-i Sharif im November 2001 sind Tausende von Taleban-Gefangenen verschwunden. Spuren und Zeugenaussagen lassen kaum Zweifel, dass sie ermordet wurden. Jamie Doran hat bei seinen Nachforschungen Zivilisten und Soldaten der Nordallianz des Generals Dostum zu den damaligen Ereignissen in der Festung Qaala-i Janghi und in der Wüste von Dasht-i Leili befragt. Wir dokumentieren zwei Ausschnitte seines Films.

FILMKOMMENTAR: Die Geschichte beginnt in Qaala Zeini, etwa auf halber Strecke zwischen Mazar-i Sharif und dem Sheberghan-Gefängnis. Nach ihrer Kapitulation wurden etwa 8.000 Taleban-Gefangene im Fort Qaala Zeini gefangen gehalten, bevor sie in Container geladen wurden, um die letzte Etappe ihrer Reise nach Sheberghan anzutreten.
GENERAL DER NORDALLIANZ: In jedem Container waren 200, vielleicht 300 Gefangene. Insgesamt haben wir 25 Container von Zeini nach Sheberghan gebracht.

FILMKOMMENTAR: In der glühenden Hitze und von Erstickung bedroht, schrieen die Gefangenen nach Luft, die Antwort kam prompt.
SOLDAT DER NORDALLIANZ: Ich habe in die Container geschossen, um für Ventilation zu sorgen. Einige in den Containern wurden getötet.

FRAGE: Wer hat Ihnen Ihre Befehle gegeben? Warum haben Sie das getan?
SOLDAT DER NORDALLIANZ: Die Kommandeure haben befohlen, die Container zu beschießen, damit Lüftungslöcher entstehen.

TAXIFAHRER (an einer Tankstelle in der Nähe des Sheberghan-Gefängnisses): Sie brachten gerade Gefangene von Qaala Zeini nach Sheberghan, als ich mein Auto auftankte. Es roch merkwürdig, und ich fragte den Tankwart, woher der Geruch käme. Er sagte "schau dich um". Ich sah LKW, die Container transportierten, und war überrascht; denn aus den Containern tropfte Blut.

SOLDAT DER NORDALLIANZ: Alle Container waren voll von Löchern. In jedem waren vielleicht 150 bis 160 Gefangene getötet worden. Die Amerikaner sagten den Gefängniswärtern von Sheberghan, dass sie die Toten aus der Stadt rausbringen sollten, damit sie nicht von einem Satelliten aus gefilmt werden könnten. Alles war unter Kontrolle des amerikanischen Kommandanten ...

...

FILMKOMMENTAR: Die Spuren im Sand zeigen deutlich, wo viele der Leichen liegen. Menschliche Gebeine und einige Kleidungsstücke mit pakistanischen Labels - das ist alles, was von denjenigen geblieben ist, die oben auf dem Leichenhaufen liegen.

FAHRER 1: In einem Container brachten wir ungefähr 200 Leute, in einem anderen etwa 150 ... Als wir ankamen, wurden sie erschossen.

FRAGE: Haben die Soldaten in dieser Situation nichts zu Ihnen gesagt?
FAHRER 1: Sie haben uns nur gesagt, wir sollten weggehen. Aber wir haben klar gesehen, was passierte.

FRAGE: Als Sie die Gefangenen hierher brachten, waren da amerikanische Soldaten dabei?
FAHRER 2: Ja, waren dabei.

FRAGE: Hier in Dasht-i Leili?
FAHRER 2: Ja, hier.

FRAGE: Wie viele Amerikaner waren es?
FAHRER 2: 30 bis 40.

Nur für kurze Zeit!

12 Monate lesen, nur 9 bezahlen

Geschrieben von

Freitag-Abo mit dem neuen Roman von Jakob Augstein Jetzt Ihr handsigniertes Exemplar sichern

Print

Erhalten Sie die Printausgabe zum rabattierten Preis inkl. dem Roman „Die Farbe des Feuers“.

Zur Print-Aktion

Digital

Lesen Sie den digitalen Freitag zum Vorteilspreis und entdecken Sie „Die Farbe des Feuers“.

Zur Digital-Aktion

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Unabhängiger und kritischer Journalismus braucht aber Unterstützung. Wir freuen uns daher, wenn Sie den Freitag abonnieren und dabei mithelfen, eine vielfältige Medienlandschaft zu erhalten. Dafür bedanken wir uns schon jetzt bei Ihnen!

Jetzt kostenlos testen

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden