Daumen drauf

Gentech Industrieunternehmen verhindern unabhängige Forschung und die Politik hat keine rechtliche Handhabe dagegen
Die letzte Entscheidung, Wissenschaftlern Zugang zu gentechnisch verändertem Saatgut zu gewähren, liegt bei den Firmen selbst
Die letzte Entscheidung, Wissenschaftlern Zugang zu gentechnisch verändertem Saatgut zu gewähren, liegt bei den Firmen selbst

Foto: Scott Barbour/Getty Images

"Legal kann zu vielen kritischen Fragen keine wirklich unabhängige Forschung durchgeführt werden.“ Diesen Satz schrieb eine Gruppe von Wissenschaftlern 2009 im Rahmen einer Konsultation zu den Umweltwirkungen von gentechnisch veränderten Pflanzen an die US-Regierung. Aufgrund von patentrechtlichen Regulierungen hätten die Eigentümer der Gentech-Pflanzen, Konzerne wie Monsanto, Bayer CropScience, BASF und andere, letztendlich immer ein Wörtchen mitzureden, wer Forschung mit ihren Pflanzen durchführt.

Keine unabhängige Risikobewertung möglich

„Ja, ja, in Amerika – da machen die Konzerne eh, was sie wollen“, mag der letztendlich doch staatsgläubige Europäer denken ... doch weit gefehlt: Im vergangenen Jahr verkündete der zuständige EU-Kommissar John Dalli, er habe EuropaBio, den Lobbyverband der europäischen Biotech-Industrie, aufgefordert, Wissenschaftlern einen einfachen Zugang zu gentechnisch verändertem Saatgut zu gewährleisten, damit diese alle Untersuchungen wiederholen können, die Teil der Risiko-Bewertung sind. Wohlgemerkt: 15 Jahre nachdem die ersten gentechnisch veränderten Pflanzen nach Europa kamen. Auf Nachfrage gestand die EU-Kommission jedoch in diesem Jahr ein: Die letzte Entscheidung, Wissenschaftlern diesen Zugang zu dem gentechnisch veränderten Saatgut zu gewähren, liegt bei den Firmen selbst.

Die EU und die Bundesregierung haben keine rechtliche Handhabe, um Herrn Monsanto, Frau Bayer oder die alte Tante BASF nach Brüssel oder Berlin zu bestellen und deutlich zu machen, dass es keine Zulassung für irgendeinen gentechnisch veränderten Organismus als Saatgut, Futtermittel oder Lebensmittel gibt, wenn der entsprechende Konzern nicht jedem Wissenschaftler und jeder Wissenschaftlerin das notwendige Untersuchungsmaterial zur Verfügung stellt.

Bei all den Scheinargumenten, die derzeit über Medien ausgetauscht werden, wird viel zu schnell vergessen, dass sich weite Teile von Wissenschaft, Politik und Verwaltung längst ins industrienahe Abseits manövriert haben.

Christof Potthof ist Mitarbeiter des Gen-ethischen Netzwerks

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