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Im Gespräch Die Philosophin Şeyla Benhabib sieht ein demokratisches Defizit in Deutschland. Sie fordert ein kommunales Wahlrecht für Nicht-Staatsangehörige
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der Freitag: Frau Benhabib, Ende der siebziger, Anfang der achtziger Jahre waren Sie in Frankfurt am Main Stipendiatin und sind jetzt nach einem langen USA-Aufenthalt Fellow am Wissenschaftskolleg in Berlin. Welche Entwicklung hat Deutschland in der Zwischenzeit gemacht?

Seyla Benhabib:

Die politische Kultur in Deutschland hat sich sehr verändert. Nach der Wende ist das Land introspektiver geworden, die politischen Auseinandersetzungen sind nicht mehr so hart wie damals, und der öffentliche Diskurs heute ist dominiert von der Religionsdebatte. Vor allem aber fehlt es in Deutschland an Grundsatzkritik. Zweifelsohne hat das auch mit dem Ende der marx­istischen Gesellschaftsideologie als Alternative zu tun.

Wo müsste eine Grundsatzkritik heute ansetzen?

Bei der unzureichenden