Der neoliberale Charakter

Nach der Aufklärung Der Mensch von heute ist nicht mehr autoritätshörig und nicht mehr narzisstisch - er fügt sich aus Angst und vermarktet sich selbst
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Die herrschaftliche Anforderung an das zeitgenössische Subjekt ist unüberhörbar: "Was tun" ist das Gebot der Epoche. Dieser Aktivitätsappell erzeugt eine ameisenhafte Betriebsamkeit - und eine elefantöse Müdigkeit. Denn unter dem Imperativ der fortwährenden Hyperaktivität hat sich längst ein Mit-dem-Strom-Schwimmen eingestellt. Der Akteur wird zum braven Mitspieler, der untertänigst die Pflichtlektionen erledigt, die man ihm abverlangt. Doch der neoliberalen Anrufung kann niemand entgehen: Immer ist das Subjekt unterwegs, ohne jemals anzukommen, ein lebenslanger Arbeitseinsatz.

Das 20. Jahrhundert kannte zwei beherrschende Charakterformationen. Der autoritäre Charakter der Frankfurter Schule war ein Früchtchen der Disziplinar- und