Die Kölmel-Liga

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Endlich wieder Fußball! Zwar sind es momentan nur Freundschaftsspiele und Alibiwettbewerbe wie Liga-Cup oder UI-Cup, die Millionen von Anhängern wenn nicht den Sinn des Lebens, so zumindest den Sinn des Wochenendes zurückgeben, aber in neun Tagen startet endlich die Fußball-Bundesliga. Den Vorgeschmack auf den regulären Spielbetrieb lieferten am vergangenen Wochenende bereits die Drittligisten. Mit den neustrukturierten beiden Staffeln Nord und Süd zeichnet sich für die ganz heißen Fans beinahe eine Alternative zu den übergeordneten Spielklassen ab. Denn im Norden treffen Kultmannschaften aus Ost und West wie Babelsberg, Union Berlin, Sachsen Leipzig, Fortuna Düsseldorf, Rot-Weiß Essen, Fortuna Köln aufeinander. Dazu noch die Amateure von Werder Bremen und Borussia Dortmund. Im Süden ein ähnliches Bild. Der einstige Europapokal-Finalist Carl Zeiss Jena (unter dem heutigen Gladbacher Trainer Hans Meyer übrigens) muss sich mit dem Karlsruher SC, den Kickers Offenbach, Pokalschreck Eintracht Trier und den Amateuren der Münchner Großvereine sowie des VfB Stuttgart auseinandersetzen. Bundesligaerfahrene Trainer wie der großsprecherische Peter Neururer, der listige Aleksandar Ristic, Willi Entenmann, Hannes Bongartz oder der Ex-Nationalstürmer Stefan Kuntz als KSC-Coach verleihen der Liga auch auf der Bank ein markantes Profil. Gute Spiele in traditionsreichen Stätten mit Hautkontakt zu den Akteuren sind zu erwarten.

Außerdem ist nunmehr eine Spätfolge der Wiedervereinigung, d.h. nach aller Erfahrung eine Benachteiligung der Ostdeutschen, entschärft: Wie die Vereine aus dem Westen Deutschlands auch haben Drittligisten des Nordostdeutschen Fußballverbandes ab Beginn der Saison 2000/2001 die Chance, direkt in die Zweite Fußballbundesliga aufzusteigen. Bislang musste der Sieger der Staffel Nordost - einer verkappten DDR-Oberliga mit Westberliner Beteiligung - sich noch durch einen wahren Relegationsdschungel schlagen, während die Meister der Staffeln Süd und Südwest ohne Umweg in die zweithöchste Spielklasse aufgenommen wurden. Cottbus, Chemnitz und Tennis Borussia waren die letzten Mannschaften, die diesen Hindernislauf erfolgreich gestalteten. Im vergangenen Jahr scheiterte der 1.FC Union Berlin zuerst am Nordmeister Osnabrück und versagte schließlich auch gegen Pfullendorf und Ahlen, die Zweitplazierten der beiden anderen Staffeln. Jetzt können die Unioner aber aufatmen. Wenn sie zum Ende der Spielzeit auf Platz eins oder zwei der Staffel Nord kommen, haben sie sich ohne Wenn und Aber für die Zweite Liga qualifiziert. Inzwischen ist der Aufstieg fast schon ein Muß, denn der einstige Proletarierverein aus dem Süden Berlins ist der Krösus der Liga. 11,5 Millionen DM umfasst der Etat. Mehr als die Hälfte soll vom Mäzen Michael Kölmel stammen. Der darf sich übrigens schon jetzt selbst mit Champagner bewirten. Mit fünf der stärksten Vereine der Staffel Nord ist der Filmrechtehändler bereits vertraglich verbandelt - man könnte von einer »Kölmel-Liga« sprechen. Die plötzlichen Nabobs von der Spree müssen hingegen aufpassen, dass es ihnen mit dem vielen Geld nicht so geht, wie dem zweiten Hauptstadtverein in dieser Spielklasse. Mit den Millionen des schlechtbeleumundeten Versicherungsunternehmens Göttinger Gruppe ausgestattet, sollte Tennis Borussia Berlin schnurstracks in die Championsleague durchmarschieren. Immer neue Spieler wurden mit dem Geld gekauft; TB galt bald als Traumadresse für Akteure, die ihren sportlichen Zenit überschritten hatten, im Vertragspoker jedoch Weltklasseniveau aufwiesen. Auf ungeahnte Weise erfüllte der Klub die Sprechchöre der Fans: »Nie mehr zweite Liga, nie mehr, nie mehr!«. Aus einem Aufstiegskandidaten wurde ein angeschlagener Boxer im Abstiegskampf; sportlich schrammte man knapp am Abstieg vorbei, wirtschaftlich stufte der DFB die Borussen jedoch in die dritte Liga zurück. Aber vielleicht waren die Veilchen ja superclever: Alle Fehler und Skandale, für die ein gewöhnlicher Klub mindestens zehn Jahre braucht, haben sie auf zwölf Monate konzentriert und blicken nun auf eine Lapsus-freie Dekade. Den Beginn der Wiedergutmachungstour gestaltete das junge Team von Trainer Slomka schon vielsprechend: Mit einer guten spielerischen Leistung wurde Rot-Weiß Essen 2:0 besiegt. Union hingegen knüpft an die Vorsaison an. Nach einem umstrittenen Tor in einem mäßigen Spiel gewannen die Eisernen knapp mit ihrem Standardergebnis von 1:0. Noch immer fehlt ihnen ein Vollstrecker.

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