Robert Habeck gab sich optimistisch: So herausfordernd die Energiepolitik derzeit auch sein mag, immerhin im Bereich der erneuerbaren Energien käme nun Tempo auf, sagte der Wirtschafts- und Klimaminister kürzlich bei der Präsentation seines reformierten Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG). Es sei, so freute sich der Grüne, „der Beschleuniger für die erneuerbaren Energien“.
Als wichtigste Schritte will er den Netzausbau antreiben, mehr Windkraft-Anlagen im Meer ermöglichen und das Ausschreibungsvolumen erhöhen. Das alles nutzt in erster Linie den großen Energiekonzernen. Dabei wäre es auch anders gegangen. Viele hatten auf eine Stärkung der dezentralen Strukturen gehofft. Zwar gab es in dem 600-seitigen Werk einige Verbesserungen
uf eine Stärkung der dezentralen Strukturen gehofft. Zwar gab es in dem 600-seitigen Werk einige Verbesserungen für die sogenannte Bürgerenergie, welche die Menschen an der Energiewende beteiligen will. Aber der Fokus lag auf den großen zentralen Anlagen.Damit gab Habeck die Stoßrichtung vor: Er setzt auf eine Energiewende von oben. Ob die Umstellung auf Erneuerbare gelingt, macht er von der Fossilwirtschaft abhängig. Dabei wollen die Konzerne gar nicht. Das hat betriebswirtschaftliche Gründe: Fossile Energien haben den Vorteil, dass sie sich optimal verwerten lassen. Von der Rohstoff-Förderung über die Weiterverarbeitung, die Resteverwertung und den Transport gibt es viele Stufen der Wertschöpfung, die alle ineinandergreifen und jede einzelne wirft Gewinne ab. Daraus entstehen komplexe Strukturen, die aus Gründen der Systemerhaltung maximal ausgelastet werden müssen. Erneuerbare Energien passen da nicht hinein.Nichts von den schönen Verwertungsbedingungen funktioniert mit Sonne und Wind – weder Monopole noch lukrative Wertschöpfungsketten. Aus eigenem betriebswirtschaftlichen Interesse wird kein Energiekonzern die Umstellung auf Erneuerbare forcieren. Das macht er nur, wenn er sich durch öffentlichen Druck dazu gezwungen sieht. Die Wahl fällt dann auf systemkonforme Lösungen, welche die eingespielten Kreisläufe möglichst wenig stören: weit weg, schön große Anlagen – und vor allem möglichst langsam! Der SPD-Politiker Hermann Scheer drückte es einst so aus: „Weil der Energiewechsel schnell gehen muss, kann er nicht von denen abhängig gemacht werden, die ein wirtschaftliches Eigeninteresse an seiner Verlangsamung haben.“ Wer hat aber ein tatsächliches ökologisches oder wirtschaftliches Interesse an der Energiewende? Die Antwort lautet: Bürger, mittelständische Unternehmen, Genossenschaften, Landwirte und Kommunen. Denn der Aufbau einer dezentralen Infrastruktur bietet Aufträge und Arbeitsplätze vor Ort, sodass die Wertschöpfung in der Region bleibt. Dezentralität ist der Turbo unter den Umbaukonzepten.Monopole rebelliertenVor dem Hintergrund dieses Interessenkonfliktes setzten die Bundestagsabgeordneten Hans-Josef Fell (Grüne) und Hermann Scheer mit ihrem „Erneuerbare-Energien-Gesetz“ im Jahr 2000 konsequent auf dezentralen Ausbau. Ihre Idee war, nicht die Konzerne dazu zu bewegen, gegen ihre betriebswirtschaftliche Logik zu agieren, sondern denjenigen, die ein Interesse an der Energiewende haben, den Weg freizuräumen. Dieser Ansatz funktionierte. Doch das konnte der Fossilwirtschaft nicht gefallen – also lobbyierte sie kräftig.Die von ihr forcierten Änderungen im EEG richteten sich dabei nicht unbedingt gegen die Erneuerbaren, sondern vor allem gegen die Möglichkeiten der Bürgerenergie. Die Energiekonzerne versuchten, die vielen Akteure, die nun selber Energie erzeugten und ihre monopolistischen Strukturen bedrohten, wieder aus dem Markt zu drängen. So passierte, was passieren musste: Wenn Erneuerbare gebaut wurden, dann immer öfter durch die Fossilwirtschaft, die den Ausbau zunehmend kontrollierte. Vor diesem Hintergrund ließ Wirtschaftsminister Habeck nun seine Reform des EEG erarbeiten.Den Grünen bot sich die Chance, an den Erfolg und das Tempo des ursprünglichen EEG anzuknüpfen. Doch der Minister scheute den Konflikt mit der mächtigen Fossilwirtschaft. So enttäuschte er diejenigen, die auf eine echte und funktionierende Energiewende gehofft hatten.Placeholder authorbio-1