Felsensteins Favorit

ZUM TOD VON RUDOLF ASMUS (1921 BIS 2000) Rudolf Asmus war einer der großen Sänger-Darsteller des Felsenstein-Ensembles der Berliner Komischen Oper. Wer ihn je gesehen hat, wird ihn nicht ...

Rudolf Asmus war einer der großen Sänger-Darsteller des Felsenstein-Ensembles der Berliner Komischen Oper. Wer ihn je gesehen hat, wird ihn nicht vergessen. Es gibt Künstler, die ihre Partie auf der Bühne abliefern wie einen Sack Mehl, und andere, die sind das Theater. Denn die Bühne ist nur eine leere Schachtel ohne die Gesichter und Gestalten, die sie ausfüllen müssen. Rudolf Asmus war ein solches Gesicht. Man könnte die Frage auf den Kopf stellen: »Asmus, wie hieß der denn eigentlich?« Und antworten: »Dapertutto, Zettel, Popolani und Tewje.« Asmus hieß Popolani oder Tewje. Wer nach ihm diese Rollen auch immer in Felsensteins Inszenierungen spielte, das höchste Lob, das er zu hören bekam, lautete: »So wie Asmus ist er eben doch nicht.«

Es waren nur wenige große Partien, die der gebürtige Tscheche verkörperte, sie wurden unvergesslich. Seine Stücke wurden (nicht nur wegen ihm) zu jahrzehntelangen Erfolgsserien, die in der modernen Operngeschichte ihresgleichen suchen: Janáceks Schlaues Füchslein, Hoffmanns Erzählungen und Ritter Blaubart von Offenbach, Brittens Ein Sommernachtstraum, das Musical Der Fiedler auf dem Dach. Natürlich gab es noch viel mehr, 37 Positionen umfasste sein Rollenverzeichnis, darunter viele kleine. Nach Walter Felsensteins Theaterverständnis gab es allerdings keine kleinen Rollen, und seine Nachfolger, Joachim Herz und Harry Kupfer, hielten es ebenso. Als er 1981 in Kupfers Meistersingern in der winzigen Partie des Nachtwächters das Ende der Prügelszene beleuchtete, war es, als sei dieses ganze ungeheure Werk nur wegen dieses einen Augenblicks gemacht worden. In diesem Nachtwächter mit seinem Horn und seiner Laterne erschienen wieder alle diejenigen, die er je verkörpert hatte. Ein Kapitel Theatergeschichte schoss in wenigen Takten zusammen. Der Tewje aber war seine schönste Leistung. Mit ihm lachten und weinten Tausende über die tragische Komödie unseres Daseins. Sein zweirädriger Karren war eine Variation auf den Courage-Wagen der Weigel, und so, wie sie unvergesslich blieb mit ihrem Courage-Lied, so wurde er es mit seinem Tewje-Lied vom »bissel reich werden«, was den Armen nicht vergönnt ist. Sonst wären sie keine.

Auf den Hitlisten tauchte sein Name nie auf. Dazu war er zu talentiert. Manchmal schien es, als hätten die Komponisten den Asmus studiert und nur aufgeschrieben, was er ihnen vorspielte. Zum Glück haben die Filmleute einiges Weniges festgehalten, und so wird man ihn gelegentlich weiter sehen können im Schlauen Füchslein, in Hoffmanns Erzählungen, dem Ritter Blaubart oder dem Land Bum-Bum, der Musical-Satire von Georg Katzer, in dem er als »Königlicher Spion« das Staats-Spitzeltum lächerlich machte, als man dafür noch kein wohlwollendes Schulterklopfen erntete.

Rudolf Asmus ist geboren am 30. Oktober 1921 in Zlin und gestorben am 13. Februar 2000 in Berlin. Er kam über Ostrava (1941) und Brno (1944) im Jahre 1953 zum Prager Nationaltheater. 1956 holte ihn Walter Felsenstein nach Berlin an die Komische Oper. Sie wurde seine künstlerische Heimat und machte ihn 1988 zu ihrem Ehrenmitglied. Er war einer der guten Geister des Hauses.

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