Kosmetik für Freunde

NSA Barack Obama hat in seiner Rede vor allem Streicheleinheiten geliefert. An der globalen Überwachung als Machtinstrument sind alle westlichen Länder beteiligt
Ausgabe 04/2014

An diesem Auftritt überraschte nur das Händeringen danach: Die Ansprache habe Kosmetisches angeboten, sei arm an Details, klagen Enttäuschte. Stimmt, doch wie sollte es auch anders sein? Obama ist Präsident der mächtigsten Nation der Welt und Befehlshaber der Streitkräfte. Da kann und will er nicht gegen seinen Sicherheitsapparat stänkern. Gefordert sind vielmehr gelegentliche Streicheleinheiten für die im Verborgenen hart arbeitenden Patrioten der Geheimdienste.

Bei der globalen Überwachung von Kommunikation geht es um Macht. Und beim Kampf um die Vorherrschaft im Cyberspace liegen die USA vorn. Sie nutzen ihre Dominanz zu einer Zeit, da Wirtschaftsrivalen an Boden gewinnen und Militärprojekte zu teuer werden, aber die technischen Möglichkeiten der Spionage längst nicht ausgeschöpft sind. Wer will die US-Regierung stoppen? Schöne Worte über „enge Freunde und Verbündete“, die im ZDF-Interview zum Ausdruck gebrachte „Sympathie für Deutschland“ sind Streicheleinheiten.

Wer in Deutschland oder anderswo zum gehobenen Freundeskreis der Amerikaner gehört, weiß, bei aller Entrüstung über Angela Merkels angezapftes Telefon, ohnehin, was läuft. Und so ganz Unrecht hatte Obama nicht mit der Aussage, viele Länder seien „sehr glücklich“, dass die USA über große militärische und nachrichtendienstliche Fähigkeiten verfügen. Die westliche Machtelite ist bisher nicht schlecht gefahren mit dem Schirmherrn Amerika, auch wenn es nun Probleme gibt.

Das Überwachungswesen kollidiert mit dem Ideal von der Freiheit des Individuums. In den USA ist die Debatte nicht neu, doch Obama spürt offenbar nur geringen Reformdruck. Der Umbau der Geheimdienste in den siebziger Jahren vollzog sich unter dem Eindruck des verlorenen Vietnamkrieges und einer breiten Oppositionsbewegung. Heute ist die Realität in den USA eine andere. Bei seinem Amtsantritt 2013 hat Obama betont, alle Kriege müssten einmal zu Ende gehen. Aus seiner NSA-Rede ließ sich nun heraushören, dass sich die USA nach wie vor in einer Art Dauer-Kriegszustand sehen. Und der lässt keine andere Wahl, als an der globalen Überwachung festzuhalten.



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