„Noch einen Witz“

Gedenken Nun soll auch Leipzig sein "Freiheits- und Einheitsdenkmal" bekommen. Warum? Weil Berlin auch eines bekommt? Schluss damit. Wir haben schon viel zu viele Denkmäler
Muss das sein? Brauchen wir das? Sind „Einheit“ und „Freiheit“ wirklich erreicht und verwirklicht worden?
Muss das sein? Brauchen wir das? Sind „Einheit“ und „Freiheit“ wirklich erreicht und verwirklicht worden?

Foto: Stadt Leipzig

Mit „noch einem Witz“ hat uns immer der unvergessene Komiker Heinz Erhardt erfreut. Mit noch einem Denkmal wollen uns offensichtlich unsere Politiker erfreuen. Jetzt sind die lieben Leipziger dran. Sie erhalten ein neues „Freiheits- und Einheitsdenkmal“. Warum? Weil die Berliner, die von den Leipzigern nicht gerade geliebt werden, schon ein solches Denkmal haben oder bald haben werden? Möglich! Möglicherweise neiden die Leipziger den Berlinern ihr „Freiheits- und Einheitsdenkmal“.

Das wäre wirklich ein Witz, aber noch kein Grund, noch ein Denkmal zu errichten. Schließlich haben wir genug davon. Nicht nur in Berlin und Leipzig, sondern überall in Deutschland. Denkmäler gibt es überall und für fast alles. Einmal Denkmäler für Herrscher und Helden, Kanzler und Könige und andere (angeblich) große Männer. Alle sind mehr oder minder hässlich und verherrlichen die Vergangenheit.

Zu diesen Krieger- und Große-Männer- kommen die Opfer-Denkmäler. Letztere waren in den letzten Jahren besonders en vogue. Konnten die Deutschen doch damit ihre Vergangenheit „bewältigen“ und ihre Schuld „sühnen“. Das sind wahrlich „gute Werke“. Das dürfen Protestanten eigentlich nicht. Dennoch haben sie es genau wie Katholiken getan. Atheisten haben das entweder nicht verstanden oder sich nicht daran gestört.

Die Berliner haben sich besonders vorgetan

Bei alldem haben sich die Berliner besonders hervor getan. Sie haben die Vergangenheit besonders intensiv bewältigt, die Schuld besonders intensiv gesühnt und besonders viele gute Werke vollbracht. All das durch die Errichtung von Opfer-Denkmälern. Zu dem pompösen Denkmal für die „ermordeten Juden Europas“ kommen kleinere für die so genannten „anderen Opfer“ des Nationalsozialismus: Homosexuelle, Sinti und Roma etc. etc. Weitere größere und kleinere Denkmäler sind den „Opfern des Stalinismus“, der „zweiten deutschen Diktatur“ sowie von „Flucht und Vertreibung“ gewidmet. Nicht vergessen wurden auch „die Deutschen“. Auch sie wurden zu den „Opfern“ gezählt; genauer zu den „Opfern von Krieg und Gewaltherrschaft“. Ihrem Gedenken ist die von Bundeskanzler Kohl zum neuen Nationaldenkmal erklärte Neue Wache gewidmet. Dass damit die deutschen Täter schlicht zu deutschen Opfern gemacht werden, scheint heute kaum noch jemanden zu stören.

Die Akzeptanz dieses Nationaldenkmals provozierte den Ruf nach einem weiteren. Er erbrauste, um einmal aus dem schönen Lied von der „Wacht am Rhein“ zu zitieren, „mit Donnerhall“ in ganz Deutschland und wurde an der Spree erhört. Damit sind wir beim eingangs bereits erwähnten „Freiheits- und Einheitsdenkmal“. Es soll auf dem Sockel eines früheren Nationaldenkmals errichtet werden. Es war Kaiser Wilhelm gewidmet. Nicht dem zweiten und Gott sei gedankt letzten, sondern dem ersten Wilhelm, der das „Reich“ gegründet haben soll, nachdem er die Revolutionäre von 1848 nieder kartätschen lassen wollte, weshalb ihm der unehrenhafte Name eines „Kartätschenprinzen“ verliehen wurde.

Das Kartätschenprinz-Denkmal soll nicht wieder aufgebaut werden. Das ist die gute Nachricht. Die schlechte ist, dass an seiner Stelle das „Freiheits- und Einheitsdenkmal“ errichtet werden soll. Muss das sein? Brauchen wir das? Sind „Einheit“ und „Freiheit“ wirklich erreicht und verwirklicht worden? Kann man beides durch die Errichtung von neuen Nationaldenkmälern erreichen und verwirklichen?

Die Neuen sind kitischig und unnütz

Sicher, die geplanten neuen Nationaldenkmäler sind nicht so hässlich und protzig wie die alten. Doch kann man die neuen schön finden? Das Berliner Wippen-Denkmal ist schlicht Kitsch und das Leipziger Farbfeld-Denkmal ist unnütz. Einen gewissen Nutzen werden allenfalls die auf dem gigantischen Farbfeld aufgestellten mobilen Hocker haben. Sie sollen die von den Leipziger Demonstranten anno 1989 eingeforderten Mitspracherechte dokumentieren. Die Besucher werden daraus vermutlich Mitnahmerechte ableiten. Das wäre wirklich ein Witz.

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