Luftballons, Nationalhymne, Blau-Weiss-Rot, zackige Reden gemischt mit gefühlvollen Ansprachen: Die quotenhungrigen TV-Stationen haben nur ein paar Stunden des republikanischen Spektakels ausgestrahlt. Die Fernsehgemeinde schaltet diesen Politikzirkus nämlich schon längst aus. Football und die amerikanische Version von Big Brother sind interessanter und ehrlicher. Jetzt muss die Partei PR-Arbeit leisten, um zu vermitteln, dass George W. Bush und sein frisch ernannter Vize, Richard Cheney, Männer aus dem Volke sind. Nicht leicht.
Ein Wort nur: Erdöl. George W. gilt als Busenfreund der Ölwirtschaft. Sein mit Hilfe von Männern aus der Ölindustrie politisch groß gewordener Papa und dessen gutbetuchte Freunde haben ihm den Weg freigemacht, von der Eli
on der Eliteuniversität Yale, vorbei am Vietnamkrieg, in Unternehmen, die mit anderer Leute Geld finanziert wurden, und schließlich in die hohe Politik. Ende der siebziger und Anfang der achtziger Jahre war Bush Junior kurzfristig selber im Geschäft mit dem Schwarzen Gold. Angeblich wollte er nach Erdöl bohren, hat aber nichts gefunden. Wohlhabende Bosse investierten trotzdem. Verluste wurden von der Steuer abgeschrieben. Es konnte ja auch nicht schaden, mit dem Sprössling des aufstrebenden Vaters im Geschäft zu sein.Für die Ölindustrie sei Bush-Cheney das »Dream Team«, schrieb die Presseagentur Reuters kürzlich. Cheneys Ernennung verdient ein langes Kapitel in der Geschichte der amerikanischen Politik, das zeigen würde, wie Politiker Wirtschaftsinteressen dienen und reichlich belohnt werden. Keine Verschwörung, sondern schlichte Klassensolidarität, schon seit Jahrzehnten. 1952 befand der Nationale Sicherheitsrat: Es sei »unerlässlich«, dass Ölfirmen »profitabel und ungehindert arbeiten können«. So Joe Stork in seinem Klassiker »Middle East Oil and the Energy Crisis«: In den USA sei nach dem Ersten Weltkrieg »das Fundament des modernen kapitalistischen Staates gelegt worden. Keine Industrie hat jemals so eng mit der Regierung zusammengearbeitet wie die Ölindustrie«. Und zwar überparteilich, wenn auch mit leicht republikanischer Schlagseite.George Bush Senior ernannte den rechtslastigen Ex-Abgeordneten Richard Cheney 1989 zum Verteidigungsminister. Der Zugang zum Persischen Golf sei »entscheidend für die nationale Sicherheit«, hieß es in Bushs Nationalen Sicherheitsrichtlinien des selben Jahres. Er werde die »lebenswichtigen Interessen« auch mit Waffengewalt verteidigen. Cheney hatte das »Glück«, den Waffengang gegen Irak zu managen, bei dem es trotz all der schönen Reden über internationales Recht und Demokratie letztendlich um die Kontrolle über das Schwarze Gold und die Position Amerikas in der Neuen Weltordnung ging. Es war ein klassischer Rohstoffkrieg.Für Cheney hat er sich gelohnt: Vier Jahre nach Kriegsende berief Halliburton, die weltgrößte Ölservicefirma, den industrieunerfahrenen Cheney zum Vorstandsvorsitzenden. Man kaufte einen Namen mit Gewicht im Nahen Osten, bei den multinationalen Ölkonzernen und in der US-Regierung. Ein für Amerika völlig normaler Vorgang.Mit 100.000 Angestellten und Niederlassungen in 120 Ländern ist Halliburton der Supermarkt der Ölindustrie. Die in Dallas ansässige Firma bietet Dienstleistungen an, die vom Bohrturmleasing bis hin zu seismischen Test reicht. Nach dem Golfkrieg verdiente der Konzern mehrere hundert Millionen Dollar beim Löschen der Ölbrände und am Wiederaufbau von Kuwait.Unter ihrem neuen Vorstandschef stieg Halliburton über die Tochterfirma Brown Root außerdem voll ins militärische Geschäft ein. Als Verteidigungsminister hatte Cheney die Zahl der Männer und Frauen in Uniform um ein paar Hunderttausend verringert - Brown Root und der restliche »Privatsektor« übernahmen daraufhin zahlreiche militärische Infrastrukturprojekte, in Somalia, Haiti, Bosnien und Albanien. Cheney ist Kriegsgewinnler. Im Juni 2000 stieß er 100.000 Halliburton Aktien für gut fünf Millionen Dollar ab. Seine Pensionsansprüche bei dem Ölriesen liegen ebenfalls im siebenstelligen Bereich.Amerikas Wirtschaft läuft wie geschmiert. Exxon Mobil, Texaco, Amoco und Chevron rangieren noch immer weit vorne auf der Fortune-500-Liste, allem High-tech-Boom zum Trotz. Zählt man verbundene Branchen dazu - vor allem den PKW- und Flugzeugbau - wird die wirtschaftliche und politische Macht der »low-tech«-Industrien noch deutlicher. Clinton hatte nie besonders gute Beziehungen zur Ölwirtschaft. Umweltauflagen und das Verbot, im Naturschutzgebiet von Alaska nach dem Schwarzen Gold zu bohren, sorgten für nachhaltige Verstimmungen. Die wären unter dem präsidialen Gespann Bush-Cheney schnell behoben.Von »der« Ölindustrie zu sprechen, wird freilich immer schwieriger. Unternehmen wie Amoco und Royal Dutch Shell versuchen, ihr schmieriges Image loszuwerden und investieren stark in alternative Energiequellen. Noch unmittelbar nach dem Klimagipfel von Kyoto im Jahr 1997 liefen viele US-Firmen Sturm gegen die angeblich geschäftsschädigenden Umweltgesetze. Inzwischen aber haben die meisten Konzerne angefangen umzusteuern. Ob dieser Trend anhält, darüber entscheidet auch der nächste US-Präsident. Seine Steuer- und Subventionspolitik wird der Energieindustrie den Weg weisen. Wohin die Reise unter George W. Bush geht, hat er als Gouverneur des Öl-Staates Texas gezeigt: Nach uns die Sintflut!