Mit Unterzeichnung des Lusaka-Protokolls hatte 1994 eine UN-Friedensmission in Angola begonnen. Nach Jahrzehnten des Sterbens sollten wie in anderen Bürgerkriegsländern die UNITA-Guerilla in die Gesellschaft integriert werden. Trotz eines massiven internationalen Einsatzes gelang dies jedoch nicht. Wird nach Gründen gefragt, ließe sich auf die Regionalisierung des Konflikts ebenso hinweisen wie auf die »Kriegsressourcen« Öl und Diamanten. UN-Generalsekretär Annan hat inzwischen den »Zusammenbruch des Friedensprozesses in Angola« konstatiert. Bis Ende März soll das UN-Militär- und Zivilpersonal abgezogen werden. Gleichzeitig ziehen Regierungstruppen und UNITA-Verbände durch die Städte und Dörfer, um Jugendliche in de
den Krieg zu zwingen.Das schwache Gleichgewicht des Friedens - im Nachhinein muß man wohl eher von einer Gefechtspause sprechen - stand von vornherein auf tönernen Füßen. Die UNITA nutzte die Zeit seit 1994, um ihre Kerntruppen zu reorganisieren und das Waffenarsenal zu modernisieren. Warlord Savimbi, uneingeschränkter Herrscher der UNITA, kam nie nach Luanda und konnte immer einige Kerngebiete des zentralen Hochlands unter seiner Fuchtel halten.Aber auch die MPLA-Regierung von Präsident dos Santos favorisierte ab 1997 wieder eine militärische Lösung. Der entscheidende Grund war wohl der Sturz des Diktators Mobutu im damaligen Zaire. Schon der Vormarsch der Truppen seines Bezwingers Laurent-Desiré Kabila auf Kinshasa war von Angola logistisch unterstützt worden. Über Zaire liefen unentbehrliche Nachschubadern der UNITA, die daher bis zuletzt versuchte, das marode Mobutu-Regime zu halten.Nachdem das nicht gelungen war, trafen sich im Dezember 1997 einstige Paladine Mobutus und eine UNITA-Abordnung auf der UNITA-Basis Andulu, um sich über eine Strategie zum Sturz Kabilas zu einigen. Wenig später stießen die von Kabila abgefallenen Banyamulenge und andere Gruppen aus dem Osten Kongos dazu. Diese in sich völlig heterogene Allianz eroberte innerhalb weniger Monate mit tatkräftiger Hilfe Ugandas und Ruandas auch einen Teil des kongolesisch-angolanischen Grenzgebietes an der Atlantikküste. Damit war die angolanische Enklave Cabinda bedroht, in der die wichtigsten Ölvorkommen Angolas liegen. Vor diesem Hintergrund war es kaum verwunderlich, daß der angolanische Präsident dos Santos die Hilferufe Kabilas erhörte, und ab Mitte August 1998 angolanische Streitkräfte die Rebellen angriffen und vertrieben.Damit schien aus Sicht der MPLA die UNITA nachhaltig geschwächt. Schließlich wollte auch die Gemeinschaft der Staaten des Südlichen Afrika (SADC) mit der UNITA nichts mehr zu tun haben. Savimbi wurde Ende 1998 sogar explizit als »Verbrecher« eingestuft. Dissidenten der UNITA gründeten im September 1998 die UNITA-Renovada. Damit hatte die Regierung ein weiteres Propagandainstrument zur Hand.Präsident dos Santos wollte nicht zuletzt deshalb eine »schnelle und definitive Lösung« des Problems UNITA, um den ökonomischen Kollaps zu verhindern. In den vergangenen Jahren sank der Rohölpreis beträchtlich - die Märkte gaben nur noch knapp zehn US-Dollar pro Barrel her. Der angolanische Staatshaushalt rechnete für 1998 aber noch mit einem Preis von 18 Dollar. Eine schmerzliche Fehlkalkulation, wenn man bedenkt, daß dieses Budget zu 80 Prozent aus den Einnahmen des Handels mit Ölprodukten gespeist wurde und wird. Die Eroberung von Diamantenminen der UNITA scheint daher für die Regierung in Luanda der Königsweg zu sein, um dem wirtschaftlichen Ruin zu entkommen. Anfang Dezember 1998 bombardierte die angolanische Luftwaffe UNITA-Basen in Bailundo, Mungo und Andulo - doch der anschließende militärische Vormarsch geriet ins Stocken. Wie zu Beginn der neunziger Jahre sind im zentralen Hochland Städte wie Kuito in Regierungshand, während das gesamte Umfeld von den Rebellen kontrolliert wird.Die Ausbeutung der Diamantenfelder bleibt der entscheidende Grund für die Stärke der UNITA. Nach wie vor beherrscht sie annähernd 70 Prozent der Diamantenförderung. Seit 1992 brachte das Einnahmen von 3,7 Milliarden US-Dollar, die es erlaubten, ein ohnehin expandierendes Militärpotential zusätzlich auszubauen.Dabei erreicht der Rohstoff über die unterschiedlichsten Trassen Europas Diamantenbörsen - Belgien ist augenblicklich der Hauptumschlagplatz. Die UNITA stört sich nicht daran, daß der UN-Sicherheitsrat Anfang 1998 die Resolutionen 1173 und 1176 verabschiedete, die eine direkte oder indirekte Ausfuhr von »nicht-offiziellen« angolanischen Rohdiamanten verbieten. Ohne Herkunftszeugnis kein Export, lautete das UN-Verdikt, das die UNITA gefügig machen sollte. Doch dem Transfer über das Nachbarland Sambia tat das keinen Abbruch, denn dort gibt es keinerlei Verifizierung der Herkunftszertifikate. Die sambischen Behörden erklären sich schlichtweg außerstande, den Ursprung des Rohstoffs nachzuweisen. Eine völlig unhaltbare Erklärung - Rohdiamanten, die aus Angola stammen, lassen sich jederzeit eindeutig identifizieren.Als global player in diesem Geschäft gelten die Unternehmen De Beers und seine Central Selling Organisation (CSO), die etwa 80 Prozent der weltweiten Diamantenproduktion kontrolliert. Ob De Beers vorsätzlich die zitierten UN-Resolutionen mißachtet hat, ist noch nicht bewiesen. Bislang wollte sich noch keine Ermittlungsbehörde damit beschäftigen. Die britische NGO global witness hat Ende 1998 ihre Studie A Rough Trade? veröffentlicht, die um ein klares Urteil nicht verlegen ist, wenn es beispielsweise heißt: »Im wesentlichen werden der Schmuggel und die falsche Deklarierung von Diamanten fortgesetzt, solange die Haupteinkäufer bereit sind, diese Produkte zu erwerben, und deren Behauptung nicht widerlegt wird, es sei unmöglich, die Herkunft der Diamanten zu bestimmen, sofern sie in Âgemischten Paketen angeboten werden. Diese Behauptung soll als Begründung dafür herhalten, daß de Beers 1996 und 1997 angolanische Rohdiamanten im Wert von ungefähr einer Milliarde US-Dollar gekauft hat - vom Wert her etwa 20 Prozent des vom Konzern in beiden Jahren erzielten Umsatzes. Bei diesen Zahlen darf man wohl fragen, womit die angolanischen Diamanten vermischt wurden, um ihre Identifizierung zu verhindern.«Wenn Warlord Savimbi gestoppt werden soll, dann wird dies nur gelingen, wenn diese Einnahmequelle versiegt. Dann jedoch sollten die UN-Resolutionen eingehalten werden - ein frommer Wunsch. Denn De Beers müßte in diesem Fall sämtliche Kontrakte mit den Händlern widerrufen, von denen bekannt ist, daß sie mit Diamanten handeln, die von der UNITA geliefert werden.Ein viertel Jahrhundert BürgerkriegNovember 1975 Proklamation der Unabhängigkeit Angolas. Die MPLA ruft im Norden und Westen die Volksrepublik Angola aus - die UNITA im Süden und zentralen Hochland die Demokratische Volksrepublik Angola. Gleichzeitig marschieren südafrikanische Truppen ein. Die UNITA wird seitens der USA instrumentalisiert, um Angola nicht in das östliche Lager abgleiten zu lassen. Die MPLA-Regierung in Luanda wird unterdessen von Kuba militärisch unterstützt.Dezember 1988 Durch UN-Vermittlung kommt es in New York zu einem ersten Friedensabkommen zwischen UNITA und MPLA, das jedoch nichts bewirkt. Die Kriegsschäden liegen zu diesem Zeitpunkt bereits bei 30 Mrd. Dollar.Juni 1989 »Historisches Treffen« zwischen Präsident dos Santos und UNITA-Chef Savimbi, doch am Fortgang des Bürgerkrieges ändert das nichts.Mai 1991 Der Lissabonner Friedensvertrag - unter Vermittlung der USA und der UdSSR zustandegekommen - sieht eine Demobilisierung beider Seiten und für 1992 freie Wahlen vor. Als sich dabei (September 1992) ein Sieg der MPLA abzeichnet, geht die UNITA zum Boykott über und nimmt die Kampfhandlungen wieder auf.Januar 1994 Mit dem Lusaka-Abkommen beginnt eine UN-Mission in Angola, die neben der Bildung einer Regierung der Nationalen Einheit die Demobilisierung von 70.000 UNITA-Kämpfern oder deren Integration in eine Nationalarmee überwachen soll.April 1997 Bildung einer Einheitsregierung, an der neben der MPLA auch UNITA-Minister beteiligt sind, allerdings bleibt UNITA-Chef Savimbi diesem Kabinett demonstrativ fern.Juni 1997 Nach dem Sturz des Zaire-Diktators Mobutu versuchen Regierungstruppen die UNITA aus Nordangola zu vertreiben, was jedoch nicht gelingt.Dezember 1998/Januar 1999 Verstärkte Kampftätigkeit im zentralen Hochland mit erkennbarem Terraingewinn der UNITA, die inzwischen mehr als 70 Prozent des Landes kontrolliert.
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