Sport auf der Insel

Sportplatz Deutschland und Großbritannien trennt nicht nur die Nordsee, sondern ein kultureller Graben, weiter als die sieben Weltmeere zusammen. Sehr ...

Deutschland und Großbritannien trennt nicht nur die Nordsee, sondern ein kultureller Graben, weiter als die sieben Weltmeere zusammen. Sehr verwirrend für den Kontinentaleuropäer ist zum Beispiel die Tatsache, dass jede Region des Vereinigten Königreichs beim Fußball seine eigene Liga und sogar eine eigene Nationalmannschaft hat. Die Schotten haben eine Miniliga, sogar Wales kocht sein eigenes Fußballsüppchen. Man stelle sich nur mal Deutschland mit einer bayerischen und einer preußischen Liga vor.

Die Globalisierung macht jedoch vor keiner Grenze halt, auch nicht vor der Nordsee und so haben britischen Fußballfans mit einem uns nicht unbekannten Problem zu kämpfen: Die traditionelle Fußballsendung am Samstag wurde auf Grund medienwirtschaftlicher Gaunerei verschoben. Zwar legte man sie nicht - wie bei uns - nach hinten, sondern nach vorne, von 22.30 Uhr auf 19 Uhr. Aber sonst ging die Geschichte genauso aus wie in Deutschland: Nach ein paar Wochen miesester Quoten verlegte man die Sendung wieder reumütig auf den alten Platz.

Bei uns erklärte man sich das Desaster des Timings mit dem Interessenkonflikt der Familie, die an dem neuen, späteren Zeitpunkt den Spielfilm und nicht Fußball sehen wollte. In Großbritannien gibt es andere Gründe. Der London Times zufolge unterstützt der normale britische Fußballfan seinen Heimatverein, meistens ein erfolgloser Provinzclub. Am Samstag um circa 17 Uhr ist der Fan "very depressed", weil sein Team von einem der wenigen hochkarätigen Mannschaften der Liga vom englischen Rasen gefegt wurde. Was er jetzt mehr will als alles andere, ist ein Bier und die Gelegenheit, ein paar Weisheiten über die schlechte Abwehr, den parteiischen Schiedsrichter oder den unfähigen Trainer loszuwerden. Danach geht es zur Fish and Chips-Bude an der Ecke und dann vielleicht noch auf ein paar Bier in den Pub. Erst dann ist der Fan bereit, sich die ganze Blamage im Fernsehen anzuschauen. Also ist 22.30 Uhr der früheste Zeitpunkt, an dem man in England, Schottland, Wales und Nordirland eine Fußballzusammenfassung zeigen kann.

Die Fernsehgewohnheiten im Vereinigten Königreich sind ohnehin grundlegend anders als die deutschen. Man geht zum Sport-Schauen in die Kneipe. Sei es aus Sparsamkeit (Wieso einen eigenen Fernseher kaufen, wenn in jeder Kneipe einer steht?) oder purer Geselligkeit: Nicht nur die Simpsons, Friends oder Ally McBeal glotzt man bei einem Bier, sondern natürlich auch Fußball. Zu einem traditionellem Pub gehört der Großbildfernseher genauso wie das Strong Ale. Auf dieser Leinwand läuft die jeweilige Premier League, abhängig davon, ob sich der Pub nun im Süden, Westen oder Norden befindet.

Obwohl die Briten steif und fest behaupten, das Kicken erfunden zu haben, ist Fußball dort längst nicht der unangefochtene König des Sports. Im Sportteil jeder britischen Tageszeitung muss sich der Fußball die Seiten mit Golf, Kricket und Rugby teilen. Die Kricket-Liga ist eine ernste Angelegenheit jenseits des Ärmelkanals, ein Sport, bei dem Indien und Neuseeland eine Favoritenrolle innehaben - Nationen die mit Fug und Recht als Fußballzwerge bezeichnet werden.

Muss man nun aber nicht von Deutschland als einem Rugby-, Golf- oder Kricketzwerg reden? So spannend die englisch-deutschen Fußballduelle auch sind, ein ähnliches Match wird es in der Welt des Kricket wohl nie geben. Schon allein weil Deutschland gar keine eigene Kricket-Nationalmannschaft hat. Oder? Hat die Bundesrepublik vielleicht ein unbekanntes Kricket-Team, das im Schatten der Giganten Neuseeland und Indien unerschrocken für den ersten Auftritt auf der internationalen Bühne dieses noblen Sports trainiert? Wenn es euch gibt: Nicht verzagen! Wir können es schon vor uns sehen, Deutschland gegen England: 5 zu 1! Oder wie auch immer man beim Kricket zählt.

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