Sterne verglühen

Lebenslügen der Telekom-Liberalisierung Der Fall Mobilcom

Vor kurzem noch lebten wir in der besten aller Telekomwelten: Eine Fülle von Diensten und technologischen Optionen bei niedrigsten Preisen galt als so gewiss wie schnelle, satte Gewinne für alle, die ihr Geld dort investierten. Der Einwand, dass diese schöne neue Welt sich von Illusionen nährt, war schnell als Spielverderberei von Geistern abgetan, die sich nicht von der alten, der Materie verhafteten Wirtschaft lösen, um sich in die Gefilde der neuen, schwerelosen Ökonomie zu erheben. Seither ist so mancher erst kürzlich aufgestiegene Telekomstern zum Sturzflug angetreten und alles Leuchten sieht nur noch wie Verglühen aus. Mobilcom ist nicht der erste und wird auch nicht der letzte bleiben, den dieses Schicksal ereilt.

Dagegen strahlt ein Stern, der längst ausgebrannt schien und dort eigentlich nichts mehr zu suchen haben sollte, wieder auf: der Staat, in der Rolle als Retter vor den Unbilden des Marktes. Zwar betont die Regierung, dass es sich um Kredite handle, doch wäre das diesen anhaftende Risiko gering genug, dann stünden die Geschäftsbanken schon längst bereit: der Staat kreditiert also, wo die Kreditwirtschaft die Hände hebt.

Wie schon im Falle der zerstobenen Aktionärsträume beim lila Riesen beginnt jetzt die Suche nach Sündenböcken. Dumm nur, dass eine Figur wie Ron Sommer diesmal nicht zur Verfügung steht. Zuverlässig unter der Decke bleibt der wirkliche Skandal: die Lebenslüge der Telekom-Liberalisierung, die sich Fiktionen hingab. Inzwischen bestätigt der Gang der Dinge, was sich zuvor schon scharfem Nachdenken erschloss: Dass der Markt weder ein ausgeglichenes Wachstum der Infrastruktur, noch die zuverlässige Ausbreitung neuer Technologienormen gewährleistet. Die Früchte der Liberalisierung heißen Verschwendung, Unsicherheit, Ungleichheit und Konkurs. Die Erkenntnis, dass der Telekomboom der Jagd nach einem Phantom glich, musste in einem Kurssturz mit anschließender Kreditverknappung münden. Telekommunikation bleibt ein natürliches Monopol. Das gilt um so mehr, wenn die Leistung der Übertragungswege und der Vermittlungseinrichtungen um ein Vielfaches steigt.

Im Falle von UMTS hat der Staat den Telekomsektor unter dessen Akklamation und Mithilfe mit dem Modell des interventionistisch kreierten Marktes in eine Sackgasse manövriert. UMTS-Ausbau mit sechs Anbietern ist nicht nur renditefeindlich, sondern auch eine volkswirtschaftliche Sünde. Sicher spotteten die Preise für die ersteigerten Lizenzen jeder nüchternen Rechnung, doch sollten die betroffenen Unternehmen, die darin heute das große Übel sehen, auch zugeben, dass sie sich als freie Teilnehmer eines Marktes entschieden haben, den sie doch alle wollten - ganz abgesehen davon, dass die Lizenzpreise nur für einen Bruchteil der Schulden von Telekomgesellschaften verantwortlich sind. Pleiten gibt es auch dort, wo die UMTS-Versteigerung keine Rolle spielte.

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