Stille Helden der Popmusik

Reminiszenz Die neue Platte des Ex-Pavement-Mannes Stephen Malkmus klingt sehr nach Köln und den Kölnern
Ausgabe 02/2014
Stephen Malkmus and the Jicks, die da noch wären: Mike Clare, Jake Morris und  Joanna Bolme
Stephen Malkmus and the Jicks, die da noch wären: Mike Clare, Jake Morris und Joanna Bolme

Foto: Lea Nash

Inspiriert wurde diese Platte von Cologne Germay, Marc von Schlegell, Rosemarie von Trockel, Von Spar and Jan Lankisch, Can and Gas“. Es ist ein seltsamer Satz, den der Musiker Stephen Malkmus zu seinem neuen Album verfasst hat. So kurios, dass er bei sämtlichen Erwähnungen von Wig Out at Jagbags zitiert wird und einige Rezensenten veranlasste, die Musik nach hörbaren Spuren genannter Inspirationen zu durchforsten.

Malkmus’ Aufzählung geht allerdings weiter. So nennt er auch Weezer, Chili Peppers, die University of Virginia in den späten 80ern, das Kulturmagazin NYRB, das kantonesische Restaurant Aroma in Berlin, Pavement oder die NBA. Es sind weniger konkrete musikalische Inspirationen als mehr Synonyme für Begegnungen, Situationen, Erlebnisse und Lebensstationen, die der ehemalige Kopf der Indierock-Legende Pavement in seinem Begleitschreiben erwähnt. So taucht in einer Reihe mit der Künstlerin Rosemarie Trockel, dem Musiker, Kunsttheoretiker und Science-Fiction-Autor Marc von Schlegell, den Krautrock-Pionieren Can, den Instrumental-Spacerock-Dekonstruktivisten Von Spar und Wolfgang Voigts Minimal-Großtat Gas der Name Jan Lankisch auf. Jan Lankisch?

Krautrock-Revival

Der Mann dürfte außerhalb Kölns nur den Wenigsten ein Begriff sein. Dabei ist Lankisch das wichtigste Bindeglied zwischen den Genannten und Stephen Malkmus. Er kuratiert unter anderem das Musikprogramm im kleinen, feinen Kölner Club King Georg und das des kürzlich zum dritten Mal veranstalteten Weekend-Festivals dessen hochkarätig besetztes Programm in der Regel nicht eine einzige Überschneidung zu vergleichbaren Veranstaltungen bietet und so eine glorreiche Ausnahme in der deutschen Festivallandschaft bildet.

2012 lud der in der internationalen Kunst und Popkultur bestens vernetzte Lankisch seinen langjährigen Freund Malkmus ein, auf eben diesem Festival Cans Album Ege Bamyasi zum 40sten Jubiläum seiner Veröffentlichung live aufzuführen. Begleitet wurde er von den Musikern der Kölner Band Von Spar. Ein Mitschnitt dieses Konzertes erschien letztes Jahr in einer limitierten Vinylauflage bei Domino Records – mit einem Cover des Künstlers DavidShrigley, der, wie auch Rosemarie Trockel, erst einen Monat zuvor mit einem Werk auf der Ausstellung zum Abschied von Kaspar König, des langjährigen Direktors des Kölner Museums Ludwig vertreten war — auf dessen Dachterrasse wiederum Lankisch, jeden Sommer, Bands wie den Tom Tom Club, das Nebenprojekt der Talking Heads Tina Weymouth und Chris Frantz, oder Body/Head, die neue Band von Sonic Youths Kim Gordon präsentiert.

Wie inspirierend diese enge Verknüpfung von bildender Kunst und Popkultur für Stephen Malkmus gewesen sein muss, der in New York in ganz ähnlichen Strukturen gearbeitet hat, zu denen die Kölner Protagonisten noch dazu bis heute enge Verbindungen pflegen, sollte jedem klar werden, der sich hintereinander Malkmus’ Can-Interpretation und Wig Out at Jagbags anhört, auf dem der für Malkmus und seine Band The Jicks so typische, ungelenk eiernde Postgraduierten-Rock’n’Roll dermaßen erfrischend mit Kraut-Anleihen angereichert ist, dass man zur Vermutung neigt, ganze zwei Jahre in Berlin haben womöglich weniger Spuren darin hinterlassen als ein paar Abende am Kölner Küchentisch von Jan Lankisch.

Wig Out at Jagbags Stephen Malkmus & The Jicks Domino Records 2014

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