SWR minus Polit-Talk

Medientagebuch Der SWR stellt die Sendung "2 + Leif" ein. Die Begründungen sind fragwürdig, aber das Signal klar – der "Heimatsender" will die Zuschauer nicht mit Politik belästigen
Ausgabe 50/2013

Der Politikjournalist Thomas Leif hat unter Berufskollegen nicht nur Freunde, auch weil er selten Zweifel daran lässt, dass er sich gerne wichtig nimmt. Selbst seine Kritiker erkennen aber an, dass er für einen öffentlich-rechtlichen Journalismus im besten Sinne steht, für eine aufklärerische Herangehensweise, die aus der Mode zu kommen droht. Zuletzt fand sie ein Jahrfünft lang in der SWR-Polittalksendung 2 + Leif Ausdruck. Kein Krawall, vielmehr waren die geladenen Politiker – jeweils zwei, wie der Titel der Sendung verrät – gezwungen zu argumentieren. Anders als bei anderen Talks kam man hier mit Sprechblasen nicht weit. 2 + Leif erfüllte derart am ehesten die Anforderungen, die ARD-Gremien für Polittalks formulieren.

Von Leifs Talkshow in der Vergangenheitsform zu sprechen, ist angemessen, denn am Montag dieser Woche lief die Sendung zum letzten Mal. Am 6. Dezember stand in einer Sitzung des SWR-Rundfunkrats die Einstellung nicht einmal mehr auf der Tagesordnung, vereinzelte Unmutsäußerungen über das Ende der Sendung gab es dennoch. Wer einen Polittalk absetzt, der sich von jenen abhebt, die das Genre in Verruf gebracht haben, muss mit Fakten kreativ umzugehen wissen.

So argumentierte die Geschäftsleitung des SWR in der Rundfunkratssitzung vom 26. und 27. September, im Vergleich zu anderen Talkshows im eigenen Dritten (Frank Elstner – Menschen der Woche, Nachtcafé) sei 2 + Leif zu teuer. Tatsächlich scheint die Sendung relativ günstig gewesen zu sein. Jedenfalls laut einem SWR-intern kursierenden „Faktencheck“, den Befürworter der Sendung in Umlauf gebracht haben. Demnach kostet eine 2+Leif-Sendung im Schnitt etwas mehr als 37.000 Euro. Eine Ausgabe der beiden anderen Talks sei fast doppelt so teuer.

Keine Aufstiegschance

Hinzu kommt, dass die Quote leicht stieg – auf zuletzt vier Prozent im Sendegebiet. Der Sender selbst trug dazu nichts bei. Leifs Polittalk lief selten (29 Ausgaben pro Jahr) und litt unter Verschiebungen (von 22.30 Uhr auf 23 Uhr, zuletzt zumeist auf 23.15 Uhr). Interesse daran, 2 + Leif zu bewerben, war nicht spürbar. „Alle ARD-Dritten reagieren auf den Quotendruck mit einer Orientierung auf ihr Alleinstellungsmerkmal ‚Heimatsender‘. Das mag erklären, warum ein nationaler Polittalk nicht im Fokus der Marketing-Bemühungen stand“, sagt Friedrich Küppersbusch, der die Sendung produzierte. „Andere ARD-Dritte haben schon lange keine eigene politische Sendung mehr.“

„Heimatsender“ heißt das Stichwort: Die Absetzung des bundespolitisch ausgerichteten Polittalks ist Teil einer Regionalisierungsoffensive, mit der der Sender darauf zu reagieren versucht, dass das SWR-Fernsehen das quotenschwächste aller Dritten ist. „Regionaler, klarer, verständlicher und moderner“ solle das Programm werden, sagt Intendant Peter Boudgoust. Das klingt, als sei der Sender bisher ein Forum für Unklares und Unverständliches gewesen. Der SWR will natürlich keine Depolitisierung und verweist auf ein geplantes investigatives Format mit Leif, das „direkt nach der Tagesschau“ laufen soll, wie ein Sprecher sagt.

Ein weiterer Grund für das Ende von 2 + Leif: Als das Format einst startete, könnte man im Sender auf den Aufstieg ins Erste gehofft haben. Diese Perspektive gibt es ob der Ballung der ARD-Polittalks aber nicht mehr.

René Martens ist u.a. Mitautor der preisgekrönten Medienkolumne dasaltpapier.de

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