Thomas Mann ist tot, Reich Ranicki lebt

ULTIMO Literarischen Quartetts

Vorhang auf! Bücher zu! Endlich können die Matadoren des Literarischen Quartetts das tun, was sie schon immer gemacht haben: Quatschen statt zu lesen. Wussten wir doch schon seit langem, wie schwer es ist, über Geschriebenes und dann Gedrucktes sich auszulassen, ohne vorher einen Blick auf die ganze Sache geworfen zu haben. Das haben wir noch aus der Schule parat. Aufstehen und über das letzte Kapitel aus Fontanes Frau Jenny Treibel - oder waren es Irrungen und Wirrungen, egal - klug daherzuschwatzen, um eine Zwei zu kriegen. Ein letzter Blick auf das Buch und schon angehoben: »Rollo sagte...« Scheiße, dass Rollo kein Hausmeister oder Diener, sondern der Hund war. Aber der Lehrer hörte die flüssige Rede, hatte die Schwarte wahrscheinlich selbst nicht gelesen und gab eine gute Note. So war das Literarische Quartett immer eine schöne Erinnerung an die Schulzeit. Fernsehleute reden mit uns über Bücher, die sie ebenso wenig gelesen haben wie wir. Das ergab schöne Momente des Verstehens. Wie heißt es doch? Ein Blick ins Buch und zwei ins Leben. Weshalb es wirklich fad ist, wenn eine Person wie Sigrid Löffler, die altmodisch darauf besteht, die Bücher für diese unterhaltsame ZDF-Sendung auch gelesen zu haben, mit Marcel Reich-Ranicki und seinem Balljungen Karasek zu streiten anfängt. Die beiden sind nun mal die besseren Show-Talente. Und bloß weil der alte Lustgreis zu Recht feststellt, Löffler fehle wohl für das Erotische in der Literatur das Augen- beziehungsweise sonst welches Maß (»Ein Blick ins Buch ...«), zetert die von Eklat. Man muss doch auch mal die eigene Person hinter die Aufgabe stellen. Und die Aufgabe lautet: The Show must go on. »Medialer Amoklauf«. Frau Löffler, was denn sonst? Wollen wir vielleicht auch noch aus den Büchern des Literarischen Quartetts vorlesen? Wir sind doch nicht in der Kirche! Wir wollen ein wenig Spassss haben und ein bisschen Schadenfreude erleben, wenn so ein doofer Autor, der sich auch noch Monate, wenn nicht Jahre hinsetzt für sein Geschreibsel, mal so richtig hopp genommen wird. Konzentriertes Niederschreien des Romans Ein weites Feld von unser aller Günter Grass? Ja was denn sonst? Erst niederschreiben, dann niederschreien. So sind nun mal die Spielregeln. Das haben Sie doch gewusst, Frau Löffler. Und haben selber Spaß dran gehabt, von den beiden Zauseln gegen den Strich gebürstet zu werden. Das soll auf einmal alles nicht mehr gelten? »Wüstes Spektakel«, schreiben Sie in der Süddeutschen? Aber hallo! Was denn sonst? Thomas Mann ist tot, und Reich-Ranicki lebt. So sind nun mal die Bräuche. Und die nächste Mamsell steht schon hinter dem Vorhang. Wolle mer se roilasse? Komm vor, Iris Radisch oder Elke Schmitter! Du kannst nur gewinnen. Und lesen brauchst Du auch nichts mehr. Das machen die Stichwortgeber, wie bei Harald Schmidt. Du aber, Löffler, lies und sei still. Buch auf, Vorhang zu. Setzen, Fünf!

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