Gottschalks Dolce Moneta

Schleichwerbung "Wetten, dass...?" ist eine teure Sendung, die sich illegaler Methoden bedient hat. So kann es bei den Öffentlich-Rechtlichen nicht weiter gehen

Wer in den letzten Jahren Wetten, dass..? (ZDF) gesehen hat, und das waren durchschnittlich mehr als acht Millionen Menschen, bekam mit, dass viele Beteiligte die erfolgreichste deutsche Unterhaltungsshow zu Reklamezwecken nutzten. Zuerst die Prominenz, die sich nur deshalb zu Thomas Gottschalk und seit Oktober 2012 zu Markus Lanz auf das Sofa setzte, wenn es galt, auf einen Film, ein Buch oder ein Album aufmerksam zu machen. Die in der Show stets gelangweilten Hollywood-Stars waren nur zu bekommen, wenn auch ein Trailer für den jeweiligen Film lief. Ein Werbetrailer, keine redaktionelle Einschätzung; überzuckert mit preisenden Floskeln des Moderators.

Unvergessen auch die Gummibärchen, die viele Jahre in einer Schale auf dem Couch-Tisch standen und die von jener Firma kamen, für die Gottschalk bis heute Reklamespots dreht.

Angesichts dieser Reklamedichte mögen die geheimen Verträge, die der Spiegel ans Licht der Öffentlichkeit gebracht hat, nicht überraschen. In ihnen wurde die Präsentation des Wagens geregelt, den als Preis der von den Zuschauern gewählte Wettkönig erhielt. Die darin festgelegte Präsentation aber überschritt alte und neue Grenzen dessen, was öffentlich-rechtlichen Anstalten nach 20 Uhr an werblichen Aktivitäten erlaubt ist.

Bis im letzten Jahr war nur „Sponsoring“ erlaubt, bei dem vor und nach der Sendung eine Firma oder ein Produkt sich – so die Überhöhung – als eine Art Gönner der Sendung ausgab. In der Praxis aber hoben schon die Spots der Sponsoren die Trennung zur Werbung auf, weil in der Regel nur Firmen Sendungen sponsern, deren Firmen- mit einem Produktnamen identisch sind, die Namensnennung also schon einen Produkthinweis enthält. Die Filme, mit denen die Gewinne vorgestellt wurden, waren nichts als eingekürzte Reklamespots.

Das ZDF und auch die ARD haben sich dieser tendenziell illegalen Methoden bedient, um ihr teures Hauptabendprogramm und besonders teure Sportrechte zu finanzieren. Wetten, dass..? ist eine solche teure Sendung. An ihr hat Thomas Gottschalk inklusive der aus der Moderation erwachsenen Prominenz nicht schlecht verdient.

Aber das reichte nicht, weshalb es zu der obskuren Konstruktion kam, dass sich die Firma seines Bruders um die – gewiss leichte – Akquisition der Preis-Wagen kümmerte. Die Firma garantierte in den Verträgen die Art der Wagen-Präsentation in der Show, was Sache der ZDF-Redaktion hätte sein müssen. Dem ZDF ist vorzuwerfen, dass es die Mauschelei erst zuließ und dann nicht ausreichend kontrollierte.

Durch solche Ungenauigkeiten haben sich ARD und ZDF in die Gefahr begeben, sich nicht mehr von den werbefinanzierten Privatsendern zu unterscheiden. Nun ist ihnen Sponsoring nach 20 Uhr durch die seit 1. Januar geltende Fassung des Rundfunkstaatsvertrags untersagt. Aber auch bei der Präsentation von Wett- und Rätselgewinnen mit Fragen wie „Wo steht der Kölner Dom?“ sollten sie sich aus Eigeninteresse zurückhalten: Nur durch eine konsequente Unterscheidung von dem, was Privatsender treiben, können sie dem Sinn und Zweck des öffentlich-rechtlichen Systems nachkommen. Angesichts der laufenden Kampagne gegen die neue Haushaltsabgabe, die rechtlich eine Vereinfachung der alten, gerätebezogenen Rundfunkgebühr darstellt, ist größere Wachsamkeit angesagt – will man das System nicht aufs Spiel setzen. An das aber scheinen die Anstalten selbst immer weniger zu glauben.

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