Auch Hunde kann man essen

FDP-Jugend Die Jungen Liberalen aus Sachsen-Anhalt wollen die Schlachtung von Haustieren erlauben. Das ergibt Sinn – und ist dennoch falsch
Ist er nicht süß? Nein, eher deftig.
Ist er nicht süß? Nein, eher deftig.

Foto: Christophe Simon/ AFP/ Getty Images

Auf den ersten Blick könnte man es als einen verzweifelten Schrei nach Aufmerksamkeit sehen. Nach der verkorksten Bundestagswahl für die FDP machen einige Jungliberale nun mit einer ungewöhnlichen Forderung von sich reden: Das Schlachten von Hunden und Katzen soll in Deutschland erlaubt werden. Nachdem einige Boulevard-Zeitungen darüber berichteten, verbreitete sich die Nachricht schnell im Netz.

Auf den zweiten Blick stellt sich heraus, dass die Forderung schon älter ist, im Landesverband Sachsen-Anhalt ist sie seit Mitte des Jahres sogar Beschlusslage. Im Bundesverband der Jungen Liberalen konnte sie sich jedoch bislang nicht durchsetzen, vor eineinhalb Wochen wurde ein entsprechender Antrag zur Überarbeitung zurück an den Landesverband verwiesen. Titel des Antrags: „Schlachtverbote aufheben – Auch Hunde kann man essen!“

Merkwürdige Moralvorstellung

Die Begründung für die geforderte Erlaubnis von Haustier-Tötungen besteht aus nur zwei Sätzen, wovon der erste grammatikalisch, der zweite logisch falsch ist: „Für das erst 1986 in Deutschland eingeführte Schlachtverbot ist lediglich durch merkwürdige Moralverstellungen zu erklären. Vielmehr stellt dieses Verbot eine Diskriminierung anderer Kulturen dar, in denen Fleisch der genannten Tiere als Delikatesse gilt.“

Die Argumentation ist jedoch nicht ganz von der Hand zu weisen. Selbstverständlich sind es merkwürdige Moralvorstellungen, die Menschen Fleisch von Schweinen essen lassen, während die Menschen gleichzeitig mit ihren Haustieren schmusen. Eine von den Jungen Liberalen geforderte Gleichbehandlung aller nicht-menschlichen Tiere ergibt Sinn, das heutige Verhalten ist schlicht irrational.

Natürlich kann man die Tiere zu reinen Objekten degradieren und dann scheint es egal, ob man sie isst oder mit ihnen schmust. Beides gilt als Privatsache und erfüllt den gleichen Zweck: die Bedürfnisbefriedigung des Menschen. So weit, so rational. Trotzdem ist es doch merkwürdig, wenn Haustiere einerseits Objekte sein sollen, andererseits mit ihnen gesprochen und gespielt wird, ihnen Empathie und Intelligenz zugesprochen wird.

Gebrauchtkatzen gesucht

Ja, es gibt diese „merkwürdigen Moralvorstellungen“, aber merkwüridg ist vor allem, dass sogenannte Nutztiere so behandelt werden, als könnten sie weder denken noch fühlen. Tierfreunde machen sich die offensichtliche Doppelmoral zu Nutze, wenn sie etwa gegen Pelz protestieren und dazu satirische Flugblätter verteilen, um nach „Gebrauchtkatzen“ zu suchen, „Hauptsache Fell intakt“.

Die meisten Deutschen machen sich kaum Gedanken über die Schlachtung von jährlich vielen Millionen Tieren. Wer sich ein wenig damit beschäftigt, wird oft schnell zum Vegetarier und lehnt das Töten generell ab. Das bestehende Schlachtverbot für Hunde und Katzen mag dann unbefriedigend und inkonsequent erscheinen, aber es ist ein erster Schritt zu einer tierfreundlicheren Welt.

Das Verbot ist schon alleine deshalb wichtig, weil nur so die FDP-Jugend dessen Abschaffung fordern kann. Das bringt Aufmerksamkeit für die Doppelmoral der Gesellschaft im Umgang mit den Tieren. Man darf sich also auch einfach mal bei den Jungen Liberalen bedanken.

Felix Werdermann ist Vegetarier - und kein FDP-Mitglied

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