Die Gesetze lassen sich leicht verändern, die Mentalität in deutschen Verwaltungen nicht. Mittlerweile gibt es auf Bundesebene und in nahezu allen Bundesländern Informationsfreiheitsgesetze, die den Bürgern ermöglichen, Akten von öffentlichem Interesse einzusehen. Viele Bürokraten sind aber offenbar nicht so begeistert von dieser Idee, und sie wehren sich mit Händen und Füßen gegen die neue Transparenz. Das kann schon absurde Blüten tragen. Vielleicht haben die Bürokraten aber auch bloß das Internet nicht verstanden.
Mehrere Jobcenter wehren sich dagegen, dass eine Liste mit Telefonnummern ihrer Mitarbeiter im Netz steht. Die insgesamt mehr als 150 Listen hatte ein Mann aus Wuppertal mit Hilfe des Informationsfreiheitsgesetzes bekommen, prinzipiell kann also jeder Bürger an die Daten gelangen. Aber doch bitte nicht mit einem einzigen Klick! Der Mann fürchtet nun Prozess- und Anwaltskosten in Höhe von Hunderttausenden Euro, daher hat er die Listen aus dem Netz genommen und die Piratenpartei ist eingesprungen.
Man mag diskutieren, ob Telefonnummern öffentlich sein müssen. Werden die Verwaltungsmitarbeiter dann nicht ständig gestört? Möglich wären aber auch telefonische Sprechzeiten; während wichtiger persönlicher Gespräche wird das Telefon ausgeschaltet. Wie auch immer: Wenn die Telefonnummern an eine Einzelperson rausgerückt werden, dann sollte auch das Verbreiten erlaubt sein, alles andere ist Unsinn.
Urheberrecht und Pressezensur
Genauso absurd ist die Abmahnung des Bundesinnenministeriums gegen die Internetseite fragdenstaat.de. Die Betreiber haben mit Hilfe des Informationsfreiheitsgesetzes einen behördeninternen Vermerk zur Drei-Prozent-Hürde bei der Europawahl bekommen, und ihn veröffentlicht. Das war etwas peinlich, weil der Hausjurist des Ministeriums darin zu dem Ergebnis kommt, die Hürde sei verfassungswidrig – die Hürde, die von Union, FDP, SPD und Grünen eingeführt wurde. Nun will das Ministerium die Verbreitung des Vermerks verbieten – und argumentiert mit dem Urheberrecht, das eigentlich für ganz andere Zwecke eingeführt wurde, jedenfalls nicht zur staatlichen Pressezensur.
Während diese beiden Fälle offensichtlich absurd sind, gehen die Verwaltungsmitarbeiter manchmal etwas geschickter vor, um Transparenz zu verhindern. Als Journalisten Einsicht in Akten zur deutschen Sportförderung haben wollten, bekamen diese hinterher vom Innenministerium eine Rechnung in Höhe von knapp 15.000 Euro. Das schreckt natürlich auch andere Journalisten ab. Nun wird vor Gericht verhandelt, ob die Gebühren angemessen sind.
Drei Mal der Wunsch nach Transparenz, drei Mal die versuchte Verhinderung von Transparenz, drei Mal ein Rechtsstreit. Ganz egal, wie die Gerichte entscheiden werden: Die deutschen Verwaltungen haben noch viel zu lernen.
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