Es sind Krokodilstränen, die europäische Politiker nun vergießen. Als hätten die mehr als 230 ertrunkenen Flüchtlinge vor Lampedusa nichts mit der Abschottung der EU zu tun, als wüsste niemand, was täglich im Mittelmeer passiert. Nun unterbreitet der deutsche CSU-Innenminister Hans-Peter Friedrich Vorschläge, um das Sterben auf See zu beenden. Endlich, möchte man meinen. Doch bei näherer Betrachtung zeigt sich schnell: Die Ideen sind zynisch und nutzlos.
Erster Punkt: Die Seenotrettung soll moderner und effektiver werden. Durch die Auswertung von Satellitenbildern des Überwachungssystems Eurosur etwa könnten Boote früher entdeckt werden. Der Haken: Eurosur soll Flüchtlinge von der EU fernhalten. Eine Modernisierung führt nur dazu, dass die Verzweifelten dieser Erde noch längere, gefährlichere Wege auf sich nehmen, um die Festung Europa zu erreichen.
An den Migrationsbewegungen wird sich nichts ändern, solange sich an den Ursachen nichts ändert. Da wäre schon der zweite Punkt von Friedrich: europäisch-afrikanische Wirtschaftsgespräche. Die Situation in den Herkunftsländern müsse besser werden, „damit die Menschen schon keinen Grund haben, ihre Heimat zu verlassen“.
Sorry, ihr dürft nicht rein
Diese Aussage ist unseriös, dreist und zynisch. Unseriös, weil in manchen Ländern seit Jahren Bürgerkriege geführt werden und sich diese wohl kaum durch Wirtschaftsgespräche beenden lassen. Dreist, weil sich Friedrich offenbar mit ein paar Almosen für Afrika von der Verantwortung gegenüber Flüchtlingen freikaufen will – obwohl Deutschland seit Jahren sein Versprechen bricht, das Geld für Entwicklungshilfe auf 0,7 Prozent des BIP anzuheben.
Und zynisch, weil selbst die größten Fortschritte in Afrika nichts an der heutigen Realität der Flüchtlinge vor den Toren Europas ändern. Sie sind geflohen, und jetzt sagt ihnen Innenminister Friedrich: Sorry, aber ihr dürft nicht rein. Wir verhandeln lieber mit euren Regierungschefs über neue Absatzmärkte für unsere Wirtschaft.
Nötig wäre die Öffnung der Grenzen. Das mag die Sozialsysteme etwas kosten, aber es geht um mehr: die Menschenwürde.
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