Das Klicken des Wahl-O-Mats ist zu einem Volkssport geworden. Millionen Deutsche antworten im Internet auf 38 Fragen und finden heraus, welcher Partei sie am nächsten stehen. Offiziell ist das Ergebnis keine Wahlempfehlung; trotzdem ist davon auszugehen, dass sich unentschlossene Wähler häufig daran orientieren. Die Bundeszentrale für politische Bildung achtet daher penibel darauf, dass die Auswahl und Formulierung der Fragen politisch ausgewogen ist. Sonst droht Ärger mit den Parteien, die die Fragen beantworten sollen.
Aber ist dieser Hype um den Wahl-O-Mat nicht gefährlich? Droht eine Schmalspurdemokratie, wenn wir unsere Verantwortung an das Internet delegieren? Wenn wir uns fünf Minuten durchklicken und dann unser Kreuzchen setzen?
Früher die Medien, heute der Wahl-O-Mat
Nein, der Wahl-O-Mat hat mehr für die Demokratie getan als die meisten Politiker im Bundestag. Denn er schafft es auf spielerische Art, die Bürger für Inhalte zu interessieren und die Politik nicht bloß als ein großes Kasperletheater zu zeigen. Endlich geht es mal nicht nur um Personen, um sympathische, angriffslustige, souveräne oder peinliche Politiker, sondern um deren Positionen und Argumente. Wenn die Berichterstattung zu einer großen Unterhaltungsshow verkommt, muss der Wahl-O-Mat die Funktion wahrnehmen, die einst die Medien innehatten.
Natürlich hat das Online-Angebot auch seine Schwächen: Vielleicht sind mir ganz andere Themen wichtig als diejenigen, die beim Wahl-O-Mat vorkommen. Zum Tierschutz gibt es beispielsweise keine einzige Frage. Wie soll sich da etwa die Tierschutzpartei profilieren? Dann sind manche Fragen ungünstig formuliert: Zur Bayern-Wahl soll ich sagen, ob ich für ein Wahlrecht ab 16 bin. Wenn ich das Wahlalter 14 möchte, muss ich dann mit „Nein“ antworten? Und mit welcher Parteienposition stimme ich dann überein?
Zudem zeigt der Wahl-O-Mat nur, was die Parteien im Wahlkampf versprechen. Wie sie danach tatsächlich handeln, steht in den Sternen. Ein Abgleich mit den vergangenen vier Jahren Regierungspolitik würde aber auch nicht viel nützen. Denn der sagt nur etwas über Union und FDP aus. Niemand weiß, wie die Opposition agieren würde. Trotzdem nützt der Wahl-O-Mat: Wer schon die falschen Versprechen macht, den brauche ich erst gar nicht zu wählen.
Für den 22. September empfiehlt sich: Wahl-O-Mat nutzen, aber gleichzeitig die Politik verfolgen. Geht ja beides.
Was ist Ihre Meinung?
Kommentare einblendenDiskutieren Sie mit.