Sind Rüpel-Radler neue Verkehrsvorbilder?

Unfälle Junge, aggressive Radfahrer verunglücken vergleichsweise selten. Rücksichtslosigkeit ist deswegen nicht angesagt, aber ein gesundes Misstrauen gegenüber sinnfreien Regeln
Ausgabe 17/2013

Die Fahrradsaison hat begonnen und viele befürchten, dass damit die Straße wieder zum Kampfplatz wird. Da lässt eine Meldung aufhorchen: „Rüpel-Radler leben länger“, heißt es auf dem Blog des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs, ADFC. Der Lobbyverein der Radler hat untersucht, welche Personengruppen besonders häufig verunglücken. Es sind nicht die jungen, aggressiven Radfahrer, die sich kaum um die Straßenverkehrsordnung scheren. Es sind vor allem Frauen und Senioren.

Ist das die Ehrenrettung für die viel gescholtenen „Kampfradler“, vor denen CSU-Verkehrsminister Peter Ramsauer so gern warnt? Und: Sollen wir jetzt alle über die Straße brettern, als gäbe es kein Morgen mehr? Nein, das gibt die Statistik dann doch nicht her. Dass bundesweit rund die Hälfte der Verunglückten älter als 60 Jahre ist, dürfte wohl eher an den längeren Reaktionszeiten der Senioren liegen als an ihrer Abneigung gegenüber dem Rüpel-Radlertum.

Auch der grünen Ampel nicht vertrauen!

Rücksichtslosigkeit bringt also keinen Sicherheitsgewinn, wohl aber ein gesundes Misstrauen gegenüber sinnfreien Verkehrsregeln. Wer eine leere Straße trotz roter Ampel überquert, gefährdet deswegen noch nicht gleich die Verkehrssicherheit, vor allem nicht, wenn er im Gegenzug auch der grünen Ampel nicht blind vertraut.

Wer sich überkorrekt verhält, ist hingegen über die geistige Entwicklungsstufe eines Kleinkinds noch nicht hinausgekommen. Da geht es um die Regel an sich, nicht um deren Sinn. Den jüngsten Verkehrsteilnehmern kann das Festhalten an festen Regeln das Leben retten. Deshalb ist es auch fahrlässig, in Anwesenheit von Kindern die Ampel-Regel zu brechen. Unter Erwachsenen darf man aber ruhig mal zeigen, dass der Mensch einen Verstand hat.

Wenn man wirklich etwas für die Verkehrssicherheit tun möchte, wie wäre es mit einer allgemeinen Helmpflicht? Im Prinzip ist der für viele leider noch uncoole Kopfschutz doch eine feine Sache. Nur eine Gefahr gibt es dabei: Möglicherweise werden bei einer Helmpflicht wieder weniger Leute in die Pedale treten und sich stattdessen hinters Steuer setzen. Und dann wollen die Autofahrer angesichts ihrer Überzahl ihre Vormachtstellung auf dem Kampfplatz Straße weiter ausbauen und fahren noch aggressiver – was wiederum zu Lasten der Fußgänger und noch verbliebenen Radfahrer ginge.

Bei dieser Dialektik würde Radlern dann weder die Helmpflicht noch das Rüpeln, sprich die freie Auslegung der Straßenverkehrsordnung, wirklich weiterhelfen.

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