Vorgeschmack aufs Freihandelsabkommen

Genmais Die EU-Minister haben den Weg frei gemacht für den Genmais TC 1507. Die Zulassung ist gefährlich und undemokratisch. Warum kämpft Angela Merkel jetzt für die Gentechnik?
Ausgabe 07/2014
Hilfe, die US-Amerikaner wollen uns Genmais verticken!
Hilfe, die US-Amerikaner wollen uns Genmais verticken!

Foto: Joe Raedle / Getty Images

Der Genmais kommt nach Europa und Angela Merkel ist schuld. Die Landwirtschaftsminister der EU-Staaten haben über die Zulassung der US-Maissorte TC 1507 abgestimmt und konnten sich nicht zu einem Nein durchringen. Deutschland enthielt sich, weil die Koalition in der Frage uneins ist – die Merkel-CDU dafür, CSU und SPD dagegen. Jetzt darf die EU-Kommission entscheiden und die hatte vorher schon signalisiert, dass sie grünes Licht geben wird.

Zwar betont CSU-Landwirtschaftsminister Hans-Peter Friedrich, dass es im Ministerrat auch bei einem klaren Nein von Deutschland keine qualifizierte Mehrheit gegen den Anbau des Genmais gegeben hätte. Doch dieses Argument verschleiert bloß die tatsächliche Situation. Niemand weiß, wie andere Staaten abgestimmt hätten, wenn Deutschland sich von Anfang an klar gegen die Zulassung positioniert hätte.

Auch wenn sich die Bundesregierung darum bemüht: Sie kann sich nicht aus ihrer Verantwortung stehlen. Eine Enthaltung wirkt wie ein Ja.

Die Mehrheit ist gegen die Zulassung

Dabei ist die Zulassung gefährlich und undemokratisch. Sie zeigt, was uns mit dem Freihandelsabkommen zwischen EU und USA erwartet. Konzerne klagen, Politiker kuschen, die Demokratie wird ausgehöhlt.

Das Europäische Parlament stimmte im Januar gegen die Zulassung, aber dieses Votum ist nur eine unverbindliche Empfehlung. Das Volk selbst bleibt ohnehin außen vor. Die Mehrheit der Europäer lehnt den Anbau genetisch veränderter Pflanzen ab.

In Deutschland ist das Bild noch deutlicher: 88 Prozent sind gegen die Zulassung der neuen Genmais-Sorte, das hat eine repräsentative Umfrage im Auftrag von Greenpeace herausgefunden. Auch fast alle Bundestagsparteien sind dagegen: Linke, Grüne, SPD lehnen den Anbau ab und inzwischen auch die CSU. Nur in der CDU konnten sich Merkel und ihre Forschungsministerin Johanna Wanka mit der Pro-Gentech-Position durchsetzen.

Mal ein Auge zudrücken?

Warum sucht die Kanzlerin den Konflikt mit den Bürgern und den vielen CDU-Mitgliedern, die gegen den Anbau sind? Warum ist sie zur Vorkämpferin der Gentechnik geworden? Die Verhandlungen über das europäisch-amerikanische Freihandelsabkommen spielen sicherlich eine Rolle. Darf in der EU verboten werden, was in den USA erlaubt ist? Für die Konzerne soll es überall gleiche Bedingungen geben.

Die EU-Kommission macht deswegen offenbar jetzt schon Druck. Die Vizepräsidentin des EU-Parlaments, SPD-Politikerin Dagmar Roth-Behrendt, redet darüber ganz offen im Fernsehen: Bei Lebensmittelgesetzen sei sie von hohen Kommissionsbeamten gebeten worden, in Sachen Verbraucherschutz ein Auge zuzudrücken – aus Rücksicht auf die laufenden Verhandlungen.

Beim Genmais des US-Konzerns Dupont Pioneer hat das Parlament kein Auge zugedrückt. Die Abgeordneten kritisieren, dass die Genmais-Sorte ein Insektengift produzierte, das nicht nur Schädlinge, sondern auch die Umwelt bedrohe. Zudem werde das Unkrautvernichtungsmittel Glufosinat ab 2017 in Europa wegen Gesundheitsrisiken verboten – aber genau dieses Pestizid bietet sich beim Genmais an, weil dieser dagegen resistent ist.

Friedrich ohne Mumm

Deutschlands CSU-Landwirtschaftsminister Hans-Peter Friedrich betont zwar gerne, dass auch er gegen die Zulassung sei. Was er nicht sagt: Ihm fehlt der Mumm, diese Position gegen Angela Merkel durchzusetzen. Machtlos ist er nicht, beispielsweise hätte er mit seinem Rücktritt drohen können.

Stattdessen tüftelt er jetzt lieber an einem Plan, wie einzelne Bundesländer den Anbau noch verbieten können. Das ist vielleicht gut für die bayerische Landtagswahl, hat aber nichts mit effektivem Schutz der gentechnikfreien Landwirtschaft in Europa zu tun. Die Pollen des TC-1507-Maises machen schließlich nicht an irgendwelchen Ländergrenzen halt.


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