Den bewussten Umgang mit Cannabis lernen

“Rauschzeichen” Eine Welt, in der Cannabiskonsum unter Prohibition gestellt wird, ist für viele Kritiker ein Unding. Viele sprechen gar von einem Verstoß gegen die Menschenrechte

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Ähnlich sehen es die beiden Autoren des Büchleins “RauschzeichenSteffen Geyer und Georg Wurth. Beide Autoren spezialisierten sich bereits im jungen Alter auf Drogenpolitik, konnten in den Folgejahren ihr Fachwissen ausbauen, in Politik und Beruf viele drogenpolitische Erfahrungen sammeln. Dass sie irgendwann zusammen ein Buch über Cannabis, seinen Ursprung, seiner kulturellen Bedeutung und mit sich bringenden Gefahren schreiben würden, ist nur eine logische Schlussfolgerung.

Wer nun denkt, man habe es beim vorliegenden Buch mit einem Plädoyer fürs Kiffen und einem Lobgesang auf die Wunderpflanze Cannabis zu tun, der irrt. Sicherlich stehen die beiden Autoren für eine Entkriminalisierung von Cannabiskonsum, schwärmen von gelungenen Konzepten wie die des Cannabis Social Clubs(CsC) und zeigen das riesige Potenzial der Pflanze in der Medizin auf, doch bewahren die Autoren stets einen kritischen Blick auf das Ganze. Die Autoren warnen eindringlich vor einer naiven Legalisierung von Cannabis – sie komme blindem Aktionismus gleich. Vielmehr müssten im vorhinein Konzepte existieren, die den Konsumenten einen bewussten Umgang mit der Droge sicherstellt, sodass auch die Präventionsarbeit Früchte tragen kann.

Vorbild Niederlande, Belgien & Spanien?

Wie eine Legalisierung hierzulande aussehen könnte ist fraglich, denn in Deutschland sind die Polizisten per Gesetz dazu verpflichtet Drogenbesitz strafrechtlich zu verfolgen. Denn in den Niederlanden beispielsweise obliegt dem Polizisten das “Opportunitätsprinzip”. Der Polizist in unserem Nachbarland darf also selbst entscheiden, wie mit dem Drogenfund umgegangen werden soll. Und da in den Niederlanden Cannabiskonsum in den allermeisten Fällen geduldet wird, kommt es selten zu strafrechtlichen Verfolgungen. De facto ist Cannabiskonsum verboten, doch das liberale Handhaben der Polizei und Politik sorgen für eine Drogenpolitik, die nicht zur Folge hat, dass Konsumenten strafrechtlich verfolgt werden, sondern Rahmenbedingungen schafft, die dem Vater Staat (Steuergelder) und natürlich den Konsumenten (keine Verfolgung, kein Kerbel, Glas etc. im Gras) dienen. Was zumindest beim Lesen der Zeilen dieses Buches deutlich wird, ist dass es in einem Land, in dem ca. vier Millionen Menschen kiffen, unsinnig ist, den Konsum von Cannabis kurzerhand zu verbieten. Diese Politik führt hierzulande zu mehr als 100.000 Cannabisbesitzverfahren – Die Prohibition kostet den Staat jährlich 1,6 Mrd. €. Um den Konsumenten eine menschenwürdige Drogenpolitik zu bieten, bedarf es einer alternativen Drogenpolitik, die ihren Fokus auf Präventionsarbeit und Drogenberatung legt.

Kiffen – gar nicht mal so gesund

Wie schon eingangs beschrieben handelt es sich bei dem Buch nicht um einen Lobgesang des Wunderkrauts – wie auch das Titelbild deutlich macht. Cannabiskonsum kann nämlich unter anderem Psychosen auslösen und langfristig die Lunge schädigen. Ein häufiges Argument von Cannabisbefürwortern lautet “vom Kiffen ist noch nie jemand gestorben”, doch pauschal kann man dies nicht so stehen lassen, denn Langzeitschäden bei regem Cannabiskonsum sind nicht zu unterschätzen. Dies soll aber nicht bedeuten, dass die Volksdroge Alkohol, an der jährlich 40.000 Menschen ersaufen, besser sei. Unterschieden muss hierbei ganz deutlich wie mit der Droge umgegangen werden soll. Es gibt nun mal Menschen, die dem Rauchen von Cannabis mehr abgewinnen können und deutlich lieber an einem Joint ziehen, als ein Weizenbier runterzuspülen. Deutlich wird dieser Punkt bei Betrachten des “medical weed“. Kranken Menschen kann schlichter Cannabiskonsum oftmals helfen. Die Wirkung der Canabinoide wirkt euphorisierend oder beruhigend. Sie hemmt Brechreiz und steigert den Appetit. “Cannabis ist aber weit mehr als nur THC, und auch die Anwendung von Cannabis als Medizin gehen über die Wirkungen des THC hinaus.”, kann man mitunter in diesem Buch lesen.

Kultur, Ursprung und Prohibition

Cannabis ist ein Gewächs mit einer langen Geschichte und Kultur. Noch bis in die 1930er Jahre konnte man in eine Apotheke hineinspazieren und sich Cannabis ausgeben lassen. Was uns heute völlig absurd erscheint, ist vor etwas mehr als 80 Jahren noch völlig normal gewesen. Als dann 1937 das erste Anbauverbot in den USA aufkam, nahm die Verteuflung und Verunglimpfung der Cannabisplanze ihren Lauf. Ob schließlich die Pharmalobby hinter der Cannabisprohibition steckt oder doch die oberen Köpfe von General Motors, die in Cannabisöl die Gefahr der Verdrängung des Erdöls sahen, ist fraglich. Verschwörungstheorien und nüchterne Erklärungen gibt es zu genüge – und die Wahrheit kennt doch niemand. Was nach dem Lesen dieses Buches bleibt sind umfassende Fakten über die Cannabispflanze, ihre Wirkung, die Bedeutung in der Medizin, aber auch die Gefahren des Konsums. Vor allen Dingen die anekdotenreichen Einleitungen der Kapitel sorgen für ein angenehmes Lesen. Wissen wird jedenfalls zu genüge vermittelt. “Rauschzeichen” – ein Muss für jeden, der mehr über die Bedeutung der Cannabispflanze in unserer Gesellschaft erfahren möchte.

Das Buch kann hier erworben werden.

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