Wanderung mit den Genossen: Mit den Guerilleros im Dschungel

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Wenn die Menschen in Deutschland an Indien denken, dann denken sie an den wohl berühmtesten Pazifisten aller Zeiten, Ghandi, sie denken an eine aufstrebende Wirtschaftsmacht und sie denken vielleicht noch an den Film “Slumdog Millionär”, aber niemand denkt an den Krieg, der in Indien schon seit Jahrzehnten herrscht. “Wanderung mit den Genossen: Mit den Guerillas im Dschungel Zentralindiens” ein Buch von Arundhati Roy könnte dies ändern.

“Wie viele Soldaten braucht es, um die wachsende Wut von ein paar hundert Millionen Menschen einzudämmen?” so fragt Arundhati Roy, zu Beginn des ersten Kapitels. Mit dieser Frage ziehlt sie auf die Unterdrückung der Völker in Indien ab.

5 Kapitel – Freiheit, Trauer, Freude und Wut

Das erste Kapitel ihres Werkes handelt von der Vorbereitung auf eine Reise in ein unbekanntes Gebiet, es handelt von der Auseinandersetzung mit der medialen Beschreibung der maoistischen Rebellen und die Situation der Menschen in den Wäldern. Es ist eine Beschreibung, der Rolle, die die Maoisten in der indischen Gesellschaft einnehmen und eine Beschreibung der Rolle, die ihnen der Staat zuschreibt. Sie beschreibt im ersten Kapitel ausführlich, wie die Menschen sich fühlen, die nicht mit der Unterdrückung der Advidasis einverstanden sind. Eine Situation in der jeder ein Maoist ist, der nicht bedingungslos dem Kurs der Regierung und dem Militarismus zustimmt.

Das erste Kapitel beschreibt wie die Advidasis entrechtet werden, damit die großen Konzerne ihre Profite steigern können. Es beschreibt, wie der Kampf um ihr Land sie in die Arme der Maoisten getrieben hat.

Ghandi-Anhänger unter Waffen?

Während das erste Kapitel die Situation der Advidasis aus der ferne beschreibt, so geht das nächste Kapitel auf Roys Wanderung ein. Sie beschreibt ausführlich, wie sie die Möglichkeit erhielt in den Dandakaranya-Wäldern mit maoistischen Rebellen zu wandern und die Einwohner kennenzulernen, die sich auf der Suche nach Hoffnung an die Maoisten und ihren bewaffneten Kampf gewendet haben.

Eine Wanderung, die ihr Bild über die Rebellen und die maoistischen KämpferInnen verändert. Das zweite Kapitel beschreibt die Schönheit der Wälder und die Wut der Menschen, es ist eine Beschreibung eines scheinbar endlosen Kampfes, den die GenossInnen und Einwohner gegen die Gewalt der indischen Armee und ihre paramilitärischen Kräfte.

Die Ehrfurcht vor den mutigen Menschen und die Betroffenheit im Angesicht mit ihrem Schicksal, ist der Autorin deutlich anzumerken. Sie mag von dem Mut bezaubert sein und von der Effektivität der Arbeit, die die Menschen in den Tiefen des Waldes verrichten, blind macht es sie noch lange nicht. So spart sie nicht an Kritik an der maoistischen Bewegung. Die Kritik an dem Widerstand, der mit Gewalt vorangetrieben wird, zeigt, dass es sich bei den Maoisten nicht um Anhängern Ghandis wandeln, auch wenn sie sicher einigen seiner Äußerungen zustimmen.

Der Besuch im Wald und die Barbarei der Medien

Das dritte Kapitel beschreibt ausführlich, wie die Medien auf die Rückkehr Roys in die Stadt berichten, es zeigt, wie die Medien versuchen ihre Aussagen als bedinungslose Unterstützung der maoistischen Rebellen darzustellen und wie versucht wird ihre Arbeit zu diskreditieren.

Arundhati Roy schien mit dieser Entwicklung gerechnet zu haben, weswegen sie die Vorwürfe der Medien nicht allzu sehr zu treffen scheinen. Der Einblick, den dieses kurze Kapitel gewährt, ist aber lehrreich, denn es zeigt, wie manche Medien agieren, wenn zu starke Kritik geäußert wird.

Im vierten Kapitel werden die Forderung dargestellt, die ein öffentliches Tribunal an die Regierung stellt und mit denen die Probleme der Advidasis gelöst werden sollen. Die Forderungen werden wohl nie erfüllt werden, auch wenn viele von ihnen zu direkten Verbesserungen der Situation beitragen könnte.

Das fünfte und letzte Kapitel des Werks sticht aus dem Rahmen, denn es beschäftigt sich nicht mit der Unterdrückung der Advidasis, sondern mit der Gewalt von fanatischen hinduistischen Gruppen, die ein Massaker an Muslimen verübten. Die Gemeinsamkeiten dieses Kapitels mit den anderen Kapiteln werden erst deutlich, wenn man sich vor Augen führt, welche Folgen die Unterdrückung von Menschen hat.

Das Werk “Wanderung mit den Genossen” liefert einen guten, wenn auch sehr persönlichen Einblick in die Wirren der innerindischen Konflikte. Es ist eine in großen Teilen gelungene Auseinandersetzung mit den maoistischen Rebellen, deren Gewalt allerdings zu häufig als nachvollziehbar dargestellt wird.

Im Gegensatz zu Lutz Gretschmanns Werk “Indien und die Naxaliten” wird hier keine Auseinanadersetzung mit den verschiedenen indisch-maoistischen Gruppen durchgeführt, sondern eine persönliche Erzählung über die Menschen und ihre Probleme.

Beide Bücher zusammen dürften einen sehr guten ersten Einblick über die Naxaliten, aus verschiedenen Sichtweisen, bieten. Wanderung mit den Genossen – Kann man hier bestellenhttp://www.assoc-amazon.de/e/ir?t=diefreihe-21&l=as2&o=3&a=3889751806

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