Widerstand wird kriminalisiert

Aktivisten verhaftet Bericht über die Entwicklung des Demokratieabbaus in Spanien.

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In Spanien nimmt der Widerstand gegen die Krisenpolitik zu, die Reaktion der Regierung sind die Einschränkung und Kriminalisierung der Proteste. Die ersten bekannten Opfer der neuen Kriminalisierungspolitik sind führende Gewerkschafter der andalusischen Arbeitergewerkschaft (SAT), vier von ihnen wurden nun zu sieben Monat Haft verurteilt

Der Oberste Gerichtshof Andalusiens verurteilte in der vergangenen Woche unter anderem den Parlamentsabgeordneten und Bürgermeister von Marinaleda, Juan Manuel Sánchez Gordillo, und SAT-Generalsekretär Diego Cañamero wegen der Besetzung des Landguts Las Turquillas im Sommer 2012. Die besetzte Finca ist Eigentums des spanischen Verteidigungsministeriums, wird von diesem aber nur geringfügig genutzt. Das Verteidigungsministerium betreibt auf einem Teil des Geländes ein Gestüt für Militärpferde. Dafür benötigen die Streitkräfte etwa 20 des insgesamt 1200 Hektar großen Geländes, der Rest liegt brach. Selbst die aktuelle spanische Regierungspartei PP kritisierte, dass auf diese Weise nur 25 Personen beschäftigt würden, während das Gut bei angemessener Bewirtschaftung 800 Menschen Arbeit geben könnte. An der Besetzung beteiligten sich über 1000 BewohnerInnen der umliegenden Dörfer. Diese wurden jedoch, kaum waren sie an der Finca angekommen von einem Großaufgebot von Aufstandsbekämpfungseinheiten der paramilitärischen Guardia Civil empfangen. Die Landarbeiter verzichteten jedoch darauf, gewaltsam in dieses Sperrgebiet einzudringen. Statt dessen ließen sie sich auf den umliegenden Ländereien nieder, errichteten aus Planen und Zelten erste provisorische Unterkünfte und begannen, das Gebiet für einen längeren Aufenthalt vorzubereiten.

Problem heißt Kapitalismus

Dass es die Führung der Gewerkschaft traf, darf nicht verwundern, diese vermuten schon lange, dass ihr Wille gebrochen werden soll, was sie aber nicht an kämpferischen Aktionen hindert. Sánchez Gordillo erklärte am 11. November bei einer Kundgebung in Granada zum Prozessauftakt “Wir haben ein Problem, und dieses Problem heißt Kapitalismus. Wir brauchen einen klar antikapitalistischen Kampf, der das System untergräbt und revolutionär ist.” Insgesamt waren zunächst 54 Mitglieder der Gewerkschaft angeklagt worden, bis auf die vier Verurteilten wurden die anderen jedoch freigesprochen.

Die SAT gilt als radikalste spanische Gewerkschaft und konnte international durch spektakuläre Aktionen Berühmtheit erlangen. Seit Mai 2012 halten sie etwa das Gut Somontes bei Córdoba besetzt und haben dort eine Kooperative gegründet, die Obst und Gemüse anbaut und auf den umliegenden Wochenmärkten verkauft. Zu Beginn des neuen Schuljahres beschlagnahmte die Gewerkschaft Schulmaterialien und verteilte diese an Kinder aus armen Familien, deren Eltern sich die Materialien nicht leisten konnten. Durch solche Aktionen konnte die Gewerkschaft ihre Unterstützerschaft weit über Andalusieren erweitern, während sie in offener Feindschaft zur spanischen Zentralregierung steht.

Gegen solche Aktionen, aber auch gegen gewöhnliche Demonstrationen, richtet sich eine Strafrechtsverschärfung, die von der mit absoluter Mehrheit regierenden christlich-konservativen PP im spanischen Parlament durchgesetzt werden sollen.

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