Einladung zur Militärintervention

Libyen. Die USA, Italien, Russland und der Kampf gegen den IS.

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Die USA haben mit der von Sarradsch ausgesprochenen Einladung, mit Kampfjets und Drohnen den IS im Land zu bombardieren, noch schnell vor dem befürchteten Fall der so glücklos agierenden und von der Bevölkerung verachteten Marionetten-Regierung einen Fuß in die libysche Tür bekommen. Und haben die USA erst einmal den Fuß in der Tür, könnte dies ein erster Schritt sein, auch die von Gaddafi 1970 geschlossenen Militärbasen in Libyen wieder zu öffnen, die sich strategisch günstig an der Schnittstelle zwischen dem Mittelmeer und seinen Anrainerstaaten, den afrikanischen Ländern und dem Nahen Osten befinden. Wäre die NATO gezwungen, ihre Stützpunkte in der Türkei zu schließen, wäre dies eine echte Alternative. Auch wenn diese Schließung eher nicht zu erwarten ist, denn der Putsch in der Türkei könnte auch ein Fake sein, ausgeführt mit Hilfe der USA, um endlich die islamistische Schiene im Nahen Osten voranzubringen, ist Libyen unbedingt unter die vollständige Kontrolle des Westens zu bringen. Jetzt gerade, nachdem Syrien verloren scheint.

Es ist auch aus einem anderen Grund im Interesse der USA, in Libyen den Zustand eines ‚failed state‘ aufrechtzuerhalten: Das libysche Öl soll von den internationalen Märkten ferngehalten werden, um den Ölpreis nicht noch mehr unter Druck zu setzen.

Der US-Kongress ist seit Anfang August im Urlaub. Dies kam Obama gelegen, um erneut in einem Land zu intervenieren und dort Bomben zu schmeißen, obwohl dies nicht nur gegen die UN-Charta, sondern auch gegen den Kriegsparagraphen in der amerikanischen Verfassungverstößt . Denn Libyen hat weder eine Regierung, die befugt wäre, ausländische Staaten um militärische Hilfe zu bitten, noch liegt ein Beschluss des UN-Sicherheitsrates vor. Also handelt es sich bei den neuerlichen Kriegshandlungen um ein völkerrechtswidriges militärisches Vorgehen.

Die Luftangriffe in Libyen wurden zum einen von Jagdbombern ausgeführt, die von im Mittelmeer kreuzenden Flugzeugträgern aufstiegen, zum anderen von Predator-Drohnen, die von der US-Militärbasis Sigonella auf Sizilien starteten. Laut dem italienischen Verteidigungsminister Gentiloni, sei die Anhörung vor dem italienischen Parlament nicht nötig gewesen, da es sich nicht um die Vorbereitung für eine Militärintervention gehandelt habe.

Inzwischen ist es schon sehr merkwürdig, was alles keine Militärinterventionen sind. Im Land agierende, geheime militärische Sondereinheiten und Bomben schmeißende Militärjets und Drohnen gehören als nicht zu Militärinterventionen? Intervention bedeutet Einmischung. Und in diesem Fall mischt man sich ganz gehörig in die inneren Angelegenheiten eines Staates, der schon längst seinen Frieden wieder gefunden hätte, gäbe es diese ausländischen Interventionen nicht, beziehungsweise wäre er ohne die ausländische Militärintervention 2011 erst gar nicht in das heute herrschende Chaos abgerutscht.

Auch Russland hat zu den Vorgängen in Libyen Stellung bezogen. Es begrüßt den Kampf gegen den IS, allerdings nur, wenn dies in enger Kooperation mit allen anderen gegen den IS kämpfenden Staaten geschehe. Außerdem beruft sich Russland auf das Abkommen von Skhirat. [1] Dieses sieht aber vor, dass das Abkommen erst durch das Tobruk-Parlament bestätigt werden müsse, um in Kraft treten zu können . Diese Bestätigung konnte trotz neun Anläufen bisher nicht durchgedrückt werden.

Hier noch ein Bericht der russischen Medien über die US-amerikanischen Luftangriffe in Libyen: https://deutsch.rt.com/afrika/39788-bomben-chaos-bomben-us-strategie/


[1] http://www.mid.ru/en/foreign_policy/news/-/asset_publisher/cKNonkJE02Bw/content/id/2377749

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Geschrieben von

Angelika Gutsche

Ihre Reisen führten sie neben Indien, den USA, Russland und dem Jemen unter anderem auf den afrikanischen Kontinent und quer durch den Balkan.

Angelika Gutsche

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