Erdbeben in Mittelitalien

Kernforschungszentrum. In unmittelbarer Nähe der vom Erdbeben betroffenen Gebiete befindet sich in den Tiefen des Gran-Sasso-Massivs das Internationale Kernphysikalische Forschungszentrum

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Vor sieben Jahren, am 6. April 2009, wurde nachts die Hauptstadt der Abruzzen, L’Aquilla, von einem Erdbeben zerstört. 309 Menschen fanden den Tod. Am 24. August 2016 bebte etwa dreißig Kilometer Luftlinie davon entfernt, in den Gebieten von Rieti und Amatrice, erneut die Erde. Der erste schwere Stoß erfolgte laut dem Geo-Forschungszentrum Potsdam[1] um etwa 1.30 Uhr, weitere Beben folgten. Das Epizentrum lag in etwa zehn Kilometer Tiefe. Das Erdbeben richtete in 16 Gemeinden schwere Verwüstungen an. Bis jetzt geht man von mindestens 280 Toten aus.

Was haben das Erdbeben von D’Auqila und das Erdbeben von Rieti gemeinsam? Beide Gebiete liegen in unmittelbarer Nähe des Internationalen Kernphysikalischen Forschungszentrums Laboratori Nazionali del Gran Sasso[2], vormals auch T.L.F.N. genannt. Es wurde in den 80er Jahren in 1.400 Meter Tiefe unter das Gran-Sasso-Gebirgsmassiv gebaut. Immer wieder schießt das in der Schweiz gelegene Kernforschungszentrum CERN Neutrinos in den Gran Sasso. Mehrmals wurde der Verdacht geäußert, dass Neutrinos Erdbeben auslösen könnten.

Als es D’Aquila noch gab und man sich auf der Autobahn Pescara – Rom der Stadt näherte, führte ein elf Kilometer langer, durch den Berg getriebener Tunnel in die Stadt. Etwa in der Mittel des Tunnels bog eine Fahrspur, ausgeschildert mit „T.L.F.N.“ in die Tiefe des Bergmassivs ab. Schon in den 80er Jahren wurde dieses Kernforschungszentrum, dass in der Öffentlichkeit kaum bekannt ist, nicht nur von Naturschützern als außerordentlich bedenklich eingestuft.

Dieses Gran-Sasso-Untergrundlabor ist das weltweit größte unterirdische Labor für Astroteilchenphysik. Erforscht werden hier in erster Linie Neutrinos[3]. Das sind elektrisch neutrale Elementarteilchen, die über eine kaum nachweisbare Masse verfügen und sich deshalb so gut wie mit Lichtgeschwindigkeit bewegen. In den Fels gehauene Untergrundlabore wie das im Gran Sasso kennt man eigentlich nur aus James-Bond-Filmen. Sie werden stets von Psychopathen betrieben, die nichts Geringeres als die Auslöschung der Erde im Sinn haben.

Ein Projekt zur Erforschung der Neutrinos heißt CNGS. Dabei werden aus dem Kernforschungszentrum CERN[4] in der Schweiz Neutrino-Schauer durch die Erdkruste in den Gran Sasso geschossen. Dort wird geschaut, was nach der 730 Kilometer langen Strecke noch ankommt. Wegen der kaum vorhandenen Masse der Neutrinos können diese Bergmassive und Erdkrusten durchdringen.

Das europäische Kernforschungszentrum CERN, von dem dieser Neutrino-Schauer ausgesandt wird, liegt nicht wirklich in der Schweiz, sondern sowohl auf schweizer als auch auf französischem Gebiet und deshalb gilt kein nationales Recht. Das Budget des CERN betrug 2014 etwa eine Milliarde Euro.

Merkwürdigerweise fand nach dem Erdbeben von D’Aquila 2009 keine öffentliche Diskussion über die mögliche Gefährdung durch Neutrinos, die durch die Erdkruste gejagt werden, statt. Und dies obwohl es Theorien gibt, die durchaus einen Zusammenhang zwischen dem Auftreten von Neutrino-Schauern und Erdbeben sehen.[5] Einzig Erwähnung fand, dass das Kernforschungszentrum im Gran Sasso durch das Erdbeben nicht beschädigt wurde. Dabei mutete es doch sehr merkwürdig an, dass ein Mitarbeiter des Forschungszentrum kurz vor dem Erdbeben 2009 angezeigt wurde, weil er die Bevölkerung verängstige: Er hatte das Erdbeben vorausgesagt! Als die Erde dann wirklich bebte und seine Voraussage bestätigt wurde, er hatte sich nur um wenige Tage geirrt, gab er gegenüber einem Journalisten an, er hätte im Gran Sasso private Studien betrieben, die nichts mit der dortigen Arbeit zu tun gehabt hätten. Wer weiß, welche kostspieligen Geräte für solche Forschungen nötig sind, kann diese Aussage getrost ins Reich der Fabeln verweisen.

Neutrinos sind nicht nur schnell und fast masselos, sondern es wird auch vermutet, dass Neutrinos ihre eigenen Antiteilchen sind. Darüber forscht im Gran Sasso ein von der Max-Planck-Gesellschaft betriebenes Projekt namens GERDA.[6]

Die Theorie besagt, dass die im Universum vermutlich existierenden Schwarzen Löcher aus Antimaterie bestehen. Diese sollen über eine starke Anziehungskraft verfügen, so dass sie Materie ansaugen, die in diese Löcher stürzt. Experimente, in denen Antimaterie erzeugt wird, werden deshalb von einigen Wissenschaftlern kritisch beurteilt, da niemand mit Sicherheit voraussagen kann, was bei der Erzeugung von Antimaterie passieren wird.

Doch was hat dies mit dem jetzigen Erdbeben zu tun? Hellhörig macht, dass Personen, die bereits an anderen Orten ein Erdbeben miterlebt hatten und nun vom neuerlichen Erdbeben in den Abruzzen betroffen waren, dem Beben vom 24. August 2016 eine besondere Auffälligkeit zuschrieben. So hätte der Boden nicht nur geschwankt, sondern es hätte nach allen Seiten gerüttelt, etwa drei Minuten lang. Könnte dies daran gelegen haben, dass nach Aussagen des Deutsches Geo-Forschungszentrums in Potsdam sich diesmal nicht Platten aufeinander zuschoben und verkeilten, wie es bei den Bewegungen der Afrikanischen Platte in Richtung der Europäischen Platte zu erwarten gewesen sei, sondern dass diesmal Platten auseinander drifteten?

Außerdem sagten Betroffene, es hätte exakt eine Stunde nach dem ersten Beben ein zweites Mal schwer gebebt.

Doch was auch immer diese schweren Erdbeben in den Abruzzen mit so vielen Toten im Abstand von nur sieben Jahren verursacht haben mag, es stellt sich die grundsätzliche Frage: Muss die Öffentlichkeit nicht ein Recht auf Information darüber haben, was in diesen Kernforschungszentren in den Tiefen des Gran-Sasso-Massivs vor sich geht? Müsste vor anstehenden neuen Experimenten nicht die Bevölkerung informiert werden, auch wenn von den verantwortlichen Wissenschaftlern keine Gefährdungslage erkannt wird? Sollte tatsächlich etwas passieren, wäre eine Zuschreibung möglich. Oder soll genau dies verhindert werden?

Und vor allem bleibt die Frage, wie sinnvoll es ist, in ein stark erdbebengefährdetes Gebiet, wie es die Abruzzen seit Jahrhunderten sind, ein Kernforschungszentrum zu bauen, dort Neutrinos durch die Erdkruste rasen zu lassen und mit Experimenten zu hantieren, deren Ergebnisse nicht vorhersehbar sind.

Aufklärung tut not!


[1] http://www.gfz-potsdam.de/medien-kommunikation/aktuelle-erdbebeninformationen/

[2] https://de.m.wikipedia.org/wiki/laboratorio_Nazionale_del_Gran_Sasso

[3] https://de.m.wikipedia.org/wiki/neutrino

[4] https://de.wikipedia.org/wiki/CERN

[5] Man gebe auf seiner Suchmaschine „Neutrino“ und „Erdbeben“ ein

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Geschrieben von

Angelika Gutsche

Ihre Reisen führten sie neben Indien, den USA, Russland und dem Jemen unter anderem auf den afrikanischen Kontinent und quer durch den Balkan.

Angelika Gutsche

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