Kurzwelliges zur Infrastruktur

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Ich bin auf dem Heimweg, im Radio singt Roland Kaiser, was recht ungewöhnlich für MDR INFO ist. Dort redet Mann und Frau eigentlich nur, informativ. Nach Roland klärt es sich auf. Durch einen Bombenfund in Halle an der Saale musste die Innenstadt evakuiert werden, auch die Info-Radiomacher mussten ihre Büros räumen. Kurzfristig wurde Radio Sachsen/Anhalt auf die Frequenz gesetzt, was den Thüringer staunen lässt.

Zufall, dass genau dieser Vorgang mein Blogthema ergänzt. Das Kurzwellige geht mir schon länger durch den Kopf.

Vielleicht wird man einfach nur nachdenklich, hinterfragt die scheinbar unzerstörbare Infrastruktur, auf der wir unser Leben aufbauen.

Als im Sommer 2002 das Hochwasser in Sachsen die alltägliche Infrastruktur auf eine harte Probe stellte, Handynetze ausfielen, wurden alte Funkgeräte der DDR reaktiviert, um eine Kommunikation zwischen A und B zu gewährleisten.

Mit dem 29. Oktobers 2011 stellt die Deutsche Welle ihren Sendebetrieb auf Kurzwelle ein. „Für die Vermittlung von Informationen und Stimmungen, Analysen und Hintergründen zu wichtigen Ereignissen und Entwicklungen setzen wir künftig voll auf die ganze multimediale Vielfalt der Netzwelt und die Möglichkeiten der neuen Medien.“, heißt es aus der Zentrale. Sicher.

Aber es ist ein genereller Trend, ein einfacher Trend zur scheinbaren Unzerstörbarkeit des Internets.

Jede Information ist in einer bunten Multimediatüte eingewickelt, das bindet Kapazitäten und verlangt nach mehr und mehr Leitungsdurchsatz.
Die gute alte Information, eingewickelt in der Zeitung von gestern, so nüchtern will das keiner mehr.

Was macht man dann im Erdbebengebiet oder in Bürgerkriegsregionen, wo die gesamte Infrastruktur lahmgelegt ist? Wollen die Damen und Herren der ungetrübten Netzwelt etwa Podcasts mit Verhaltensregeln zur Gewinnung von Trinkwasser verschicken?

Auch das digitale Radio, was wir über ASTRA vom Himmel bekommen, hilft nur begrenzt. Wer hat da noch Zeit und das Gerät, will seine Schüssel zielgenau auf Süden richten?

Kurzwelle wird sich ausrauschen. Mittelwelle, Langwelle wird irgendwie bald folgen. Bald sind wir alle digital, rauschfrei, haben Zusatzinformationen an allen Stellen.

Sollte irgendwie bald ein Sturm, ein Rütteln, eine Katastrophe unsere Infrastruktur zusammenbrechen lassen, werden vielleicht Zettel an den Ruinen hängen, auf denen nüchtern zu lesen steht: „Schalten sie auf Ihrem Radio auf Kurzwelle 6.100 kHz um und warten auf Durchsagen!“. Gut, wer noch ein kurzwelliges Radio hat, ein transportables mit Batterien, um Durchsagen direkt aus Berlin zu hören. Irgendwie sicher, dass es rauscht.

Nun wollte ich dem Leser mein Rauschen der letzten Tage nicht vorenthalten, habe etwas digitalisiert, den Kurzwellenempfang in Holland. Man muss nicht dort sein, dass Internet macht es möglich, solange wir gut und fehlerfrei infrastrukturiert sind. Trotzdem war es sehr zeitintensiv… Besser so!







http://kyf.net/freitag/utb.php?d=27.10.2011-2
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Geschrieben von

Gustlik

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