Bürde für die Friedenskonferenz

Syrien Zwei US-amerikanische Wissenschaftler äußern deutliche Zweifel an den Behauptungen der US-Regierung zu den Ereignissen vom 21. August 2013

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Zweifel gab es schon früh
Zweifel gab es schon früh

Foto: David McNew/Getty Images

Am 14. Januar veröffentlichten die beiden Wissenschaftler Richard Lloyd, ein früherer UN-Waffeninspekteur, und Theodore Postol, Professor am Massachusetts Institute of Technology (MIT), eine Analyse der Munition, die beim Giftgaseinsatz am 21. August 2013 in einem Vorort von Damaskus zum Einsatz gekommen sein soll. Weitgehendes Schweigen herrscht u.a. bei den deutschen Medien gegenüber den Erkenntnissen der beiden Wissenschaftler, die der von der US-Regierung behaupteten Sicht auf die Ereignisse widersprechen und feststellten, dass die syrischen Regierungstruppen die Giftgas-Munition nicht verschossen haben könnten. Sie stützten sich dabei interessanterweise vor allem auf die von der US-Regierung veröffentlichten Karten, mit denen aber versuchte wurde, die syrische Regierung für das Massaker verantwortlich zu machen. „Vergleicht man Geheimdienst-Karten der Region mit der Reichweite der eingesetzten Raketen, so könne das Saringas nicht aus Gebieten abgeschossen worden sein, die zu dem Zeitpunkt von syrischen Truppen kontrolliert wurden“, gab als eines der wenigen deutschsprachigen Medien die Tageszeitung Neues Deutschland schon am 17. Januar die Erkenntnisse von Postol und Lloyd wieder. Am 20. Januar legte die Tageszeitung junge Welt nach und berichtete ebenfalls über „Obamas Kriegslüge“, die beinahe zu einer offenen Intervention der USA und ihrer Verbündeten in Syrien geführt hätte. Das Online-Magazin McClatchy hatte bereits am 15. Januar auf die interessante Analyse hingewiesen und das Dokument als PDF-Datei veröffentlicht.

Interessanterweise wurden eine erste Analyse der beiden Wissenschaftler vom September 2013 schneller von deutschen Medien gemeldet, in der sie aufgrund der Bilder von der vermutlich am 21. August 2013 eingesetzten Munition zum Schluss kamen, dass „dass das abgeworfene Giftgas in einem Vorort von Damaskus tatsächlich zur Tötung von mehr als 1400 Menschen ausreichte“. Die New York Times hatte am 4. September auf die Untersuchungen aufmerksam gemacht. Die damaligen Aussagen von Lloyd und Postol passten besser in die Vorverurteilung des syrischen Präsident Bashar al-Assad und zu dem Ziel der westlichen Kriegstreiber und ihrer Verbündeten, endlich direkt in den Krieg gegen und in Syrien einzugreifen. Vielleicht wurden sie deshalb bereitwilliger aufgegriffen, wenn auch der vorbereitete Angriff abgeblasen wurde. Die neuen Erkenntnisse der beiden Wissenschaftler bestätigen ein weiteres Mal nicht nur die zahlreichen Zweifel an den westlichen Schuldzuweisungen für den Giftgaseinsatz bei Damaskus, sondern auch die an der Aufrichtigkeit des Westens und seiner Verbündeten bei den am 22. Januar beginnenden Friedensverhandlungen in Montreux. Eine Entschuldigung für die vorschnellen Behauptungen nach dem Prinzip "Schuld ist immer Assad", Assad bzw. die syrische Regierung seien verantwortlich für das Geschehen am 21. August, ist sicher nicht zu erwarten. Sie wäre aber ein Beitrag, damit die Verhandlungen tatsächlich Frieden für das kriegszerstörte Land bringen können.

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Geschrieben von

Hans Springstein

Argumente und Fakten als Beitrag zur Aufklärung (Bild: Eine weißeTaube in Nantes)

Hans Springstein

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